Bisher ist die Sache umstritten gewesen, nun ist sie geklärt: EU-Bürger, die in Deutschland leben, haben Anspruch auf Sozialhilfe. Arbeitslosengeld II – oft auch „Hartz IV“ genannt – muss ihnen aber nicht gezahlt werden. Zuvor hatten Landessozialgerichte in Niedersachsen-Bremen und Berlin-Brandenburg entschieden, dass Arbeitssuchende aus dem europäischen Ausland keinen Anspruch auf diese Gelder haben.
Hartz IV vs. Sozialhilfe
Hartz IV kann in Deutschland nur beanspruchen, wer mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Wer kürzer beschäftigt war, hat nur Anspruch auf eine sechsmonatige Zahlung von Sozialleistungen. Bei Sozialhilfe sieht die Sache anders aus: Das Bundessozialgericht beruft sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Es bestehe nämlich ein Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es einen Mindeststandard gibt, der nicht unterschritten werden darf. Und danach werden die Leistungen gewährt. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt
Ob jemand Sozialhilfe erhält, klären die Sozialämter. In den ersten sechs Monaten, die sich ein EU-Ausländer in Deutschland aufhält, spielen die Gründe des Aufhenthalts für die Entscheidung eine Rolle. Nach sechs Monaten muss dann Sozialhilfe gezahlt werden.
Hickhack zwischen Bund und Ländern
Bei einigen Kommunen stößt die Entscheidung des Bundessozialgerichts auf Protest. Denn für die Sozialhilfezahlungen sind, anders als bei Hartz IV, die Bundesländer zuständig. Einige Ländervertreter sprechen von Extrakosten von 800 Millonen Euro.
Die Aufregung ist unangebracht. Sozialleistungen müssen gezahlt werden. Das gilt ja für Deutsche auch. Wenn ich in Frankreich einen Skiunfall habe, muss ich dem Krankenwagenfahrer doch auch kein Geld zahlen. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt
Über die Entscheidung des Bundessozialgerichts hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt mit dem Rechtsanwalt Achim Doerfer gesprochen.
Redaktion: Christian Eichler