Das haben Spaniens Politiker so nicht erwartet. Jahrelange Ruhe, beinahe Lethargie im Land ist in kürzester Zeit umgeschlagen: in lautstarken Protest. Das Motto der Demonstranten ist „Echte Demokratie – Jetzt!“, sie sind über Facebook und Twitter organisiert und campieren auf den zentralen Plätzen der größeren Städte: Spaniens Jugend protestiert – gegen eigentlich fast alles.
Da wäre zum einen die immens hohe Arbeitslosenquote, die vor allem jungen Akademikern zu schaffen macht. Das Vertrauen in die Politik ist nach der Immobilienkrise sowieso verloren gegangen – bei den anstehenden Regional- und Kommunalwahlen stehen über 200 korruptionsverdächtige Politiker auf den Listen.
Und zum anderen ist es das Wahlsystem, was die Demonstranten stört – neben der sozialistischen Regierungspartei unter Ministerpräsident Zapatero ist nur die rechts-konservative Volkspartei nennenswert im Parlament vertreten – neue Strömungen haben de facto wenig Chancen. Und die beiden großen Lager, trotz Unterschieden auf dem Papier, fahren seit langem einen weichgespülten Schmusekurs.
Was da in den spanischen Städten los ist, hat uns der Journalist Reiner Wandler beschrieben – er schreibt von Madrid aus für die „taz“ und den „Standard“ über die Geschehnisse. Im Interview erklärt er, warum auch nach den Wahlen am Wochenende die Proteste weitergehen werden und wieso ein Vergleich der spanischen Jugendrevolte mit dem „arabischen Frühling“ nicht so einfach zu ziehen ist.