Irakische Justiz: Kein Unterschied zwischen Koch und Kämpfer
Seit der Bekämpfung des sogenannten Islamischen Staates (IS) befinden sich rund 57 000 mutmaßliche IS-Anhänger und -Anhängerinnen in Gefangenenlagern der Demokratischen Kräfte Syriens (DKS). Sie kommen aus 48 Nationen. Die DKS ist nicht in der Lage, ordnungsgemäße Gerichtsverfahren in diesem Ausmaß durchzuführen. Deshalb fordern sie die internationale Staatengemeinschaft auf, die Bürger wieder aufzunehmen und in ihren Heimatländern vor Gericht zu stellen.
Die westlichen Staaten weigern sich jedoch, den Forderungen nachzugehen – mit Ausnahme einiger Kinder und Frauen. Stattdessen werden sie größtenteils an die nationalen Gerichte des Iraks überwiesen. Das ist deshalb problematisch, weil die irakische Justiz nicht die Kapazitäten besitzt, alle Prozesse in einem angemessenen Zeitraum durchzuführen.
Der Justiz im Irak wird zudem eine mangelnde Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen: Diejenigen, die verurteilt werden, wären unter Folter zu Geständnissen gezwungen worden. Viele werden in Schauprozessen zum Tode verurteilt. Außerdem wird nicht zwischen Kämpfern und nicht-kämpfenden Personen, die dem IS nahestanden, unterschieden.
Im Irak erwarten die Gefangenen größtenteils Schauprozesse, ohne Zeugenanhöhrung, mit Todesurteilen und mit Folter. Außerdem verurteilt der Irak nach dem Anti-Terrorgesetz. Deshalb werden alle Personen, die irgendeine Beziehung zum IS haben, oftmals gleich verurteilt. – Julius Gabele, Katapult-Magazin
Kriegsverbrechertribunale als Lösung?
Um die IS-Verbrecher vor einem internationalem Gericht zu verurteilen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon wäre es, ein UN-Kriegsverbrechertribunal zu bilden, wie es sie in Jugoslawien und Ruanda gab. Legitimiert werden solche Ad-hoc-Gerichtshöfe durch die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats. Der irakische Staatspräsident Barham Salih zeigt sich zwar gesprächsbereit für solch eine Errichtung, China und Russland haben jedoch im UN-Sicherheitsrat ihr Veto dagegen eingelegt.
Über weitere Lösungen im strafrechtlichen Umgang mit mutmaßlichen IS-Unterstützenden spricht detektor.fm-Moderatorin Marie Landes mit Julius Gabele. Er schreibt für das Katapult-Magazin.
Redaktion: Lena Jansen und Oliver Haupt