Überwachungsindustrie: Spähsoftware auf Vormarsch?
Lange schon stehen europäische Staaten in der Kritik. Der Grund dafür sind ihre Rüstungsexporte in kriegführende Länder und Autokratien. Neuerdings wächst auch die europäische Technologiebranche zum Sorgenkind heran. Sie bringt nämlich Spähsoftware auf den Markt, die Diktaturen gerne einkaufen. Darunter befinden sich unter anderem Technologien zur Videoüberwachung, Ortung und Gesichtserkennung.
Erstmals bekannt geworden sind diese Exportfälle der europäischen Überwachungsindustrie während des Arabischen Frühlings. Zu der Zeit haben Unternehmen ihre Technologien zahlreichen Autokraten des Nahen Ostens zur Verfügung gestellt. Damit konnten diese Oppositionelle ausspionieren. Auch in den folgenden Jahren hat die EU immer mehr Meldungen über Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch solche Geschäfte erhalten. Die Reaktion: Verschärfte Handlungsrichtlinien und ein Genehmigungsprozess für jeden einzelnen Exportantrag. Trotzdem haben diese Richtlinien bisher keine weiteren Rechtsverletzungen verhindert.
Deutsche Unternehmen mischen mit
In Deutschland gibt es über 40 Unternehmen, die Spähsoftware produzieren. Darunter Siemens, Rhode&Schwarz und Trovicorso. Laut Menschenrechtsorganisation Privacy International wäre die Bundesrepublick damit sogar auf Platz vier der weltweiten Überwachungsindustrie, nach den USA, Großbritannien und Frankreich. Auch hier erhalten hauptsächlich autokratische Regime solche Produkte, also vor allem Länder wie Ägypten, Marokko, Russland oder die Türkei. Damit wird die ohnehin kritische Menschenrechtslage weiter verschärft.
Die Bundesregierung kontrolliert die Exporte der eigenen Überwachungsindustrie. Jedes Unternehmen muss Anträge stellen und genehmigen lassen. Dann erst darf die Ware das Land verlassen. Dazu hat der Staat die Regulierung in den letzten Jahren verstärkt. Dennoch liefern die Unternehmen weiter. Exportziel Autokratie.
Ein Großteil der Lieferungen, der auch genehmigt wird, geht in unfreie Länder oder Länder, die klar Diktaturen sind. – Sebastian Haupt, Katapult-Magazin
Über die Ausfuhrgenehmigungen für europäische Spähsoftware und andere Technologien hat detektor.fm-Moderatorin Helena Schmidt mit Sebastian Haupt vom Katapult-Magazin gesprochen.
Redaktion: Alexandra Boger