Koalitionsverträge in Romanform
Seit Mittwoch steht der neue Koalitionsvertrag von CDU/CSU und der SPD. Nach langen Sondierungs- und Koalitionsgesprächen haben sich die Parteien auf ein Papier aus 177 Seiten und ganzen 8.355 Zeilen geeinigt. Zuvor wurde tagelang um Inhalte und Teilsätze sowie um genaue Formulierungen gerungen.
Mittlerweile wirken die Koalitionsverträge wie ein strikter Fahrplan, an den sich die Regierenden zu halten haben. Die Verträge tragen Titel wie „Deutschlands Zukunft gestalten“ oder „Eine neue Dynamik für Deutschland“. Doch das war nicht immer so.
Neun Seiten für vier Jahre
Denn als Konrad Adenauer 1961 seine dritte Amtszeit als Bundeskanzler angetreten hat, war der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag gerade einmal neun Seiten lang. Auf weniger als fünf Seiten haben die Regierenden die Außenpolitik für die nächsten vier Jahre geklärt. Auch die Politiker nach der Ära Adenauer haben sich in weit weniger Zeilen, als das heute der Fall ist, auf einen Vertrag einigen können.
Damals gab es keine Talkshows, es gab während der Koalitionsverhandlungen nicht diese Geschwätzigkeit der Verhandelnden […], also diese Extrovertiertheit der Koalitionsverträge war nicht da. — Gerhart Baum, ehemaliger Innenminister der FDP
Aber warum muss der Koalitionsvertrag heute offenbar bis ins letzte Detail ausformuliert sein und wie ist das früher abgelaufen? Darüber hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt mit Gerhart Baum gesprochen. Der ehemalige Bundesinnenminster der FDP hat an Koalitionsgesprächen unter Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl teilgenommen.
Redaktion: Philipp Weimar