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Kommentar | Quote vor Auftrag?

Medienberichten zufolge soll ARD-Programmchef Volker Herres aus Angst um die Programmquoten auf eine Sondersendung zum Abhörskandal verzichtet haben. Wie lässt sich das mit dem Grundversorgungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen vereinbaren? Ein Kommentar von Rabea Schloz.

Der Skandal rund um das „Merkelphon“ scheint kein Anlass zur Aufregung zu sein. ARD und ZDF haben beide auf eine Sondersendung verzichtet: angeblich aus Angst um die Quote.

Wie wichtig dürfen die Quoten bei den öffentlich-rechtlichen Sendern sein, wenn es zu entscheiden gilt, was berichtenswert ist und was nicht? Ein Kommentar von Rabea Schloz.

Kein ARD-Brennpunkt zum Merkelphone – der Kommentar zum Grundversorgungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen 03:30

+++ Der Kommentar zum Mitlesen +++

Fernsehquoten sind häufig nur im Zusammenhang mit privaten Sendern im Gespräch. Die Rechnung ist denkbar einfach: je höher die Quote, desto größer ist die Summe, die Werbepartner für einen guten Sendeplatz auf den Tisch legen müssen. Soweit, so gut. Immerhin finanzieren sich die Privaten durch Werbeeinnahmen.

So sieht es das duale System in Deutschland vor: private Sender und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten teilen sich die Sendeplätze – und die Aufgaben. Der wohl wichtigste Unterschied liegt darin, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen dem Grundversorgungsauftrag verschrieben haben: sie verpflichten sich, neutral und ausgewogen über das politische und kulturelle Geschehen in der Welt zu berichten. Im Gegenzug zahlt, mit einigen Ausnahmen, jeder deutsche Haushalt den Rundfunkbeitrag.

Jedoch stehen die Öffentlich-Rechtlichen nun in der Kritik, sowohl ARD als auch ZDF haben auf eine Sondersendung zu den neuen Enthüllungen des Abhörskandals verzichtet. Das scheint erst einmal kein Grund zur Aufregung, immerhin änderten Reinhold Beckmann und seine ZDF-Kollegin Maybrit Illner das Thema ihrer abendlichen Diskussionsrunden im Rekordtempo. Schwerwiegender ist jedoch der Vorwurf, dass der ARD-„Brennpunkt“ den Quoten zum Opfer gefallen sein soll. Denn obwohl sich alle Chefredakteure geschlossen für einen „Brennpunkt“ ausgesprochen haben, hat sich der Programmdirektor quer gestellt und eine Absage an die Sonderausstrahlung erteilt – so wird die Situation in einigen Medien zumindest geschildert. Widersprochen hat die ARD dieser Darstellung bisher nicht. Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund es während der Flut im Frühjahr eine tägliche Ausstrahlung des Formates gab, der Abhörskandal jedoch so unwichtig zu sein scheint, dass 15 Minuten Sendezeit zu viel des Guten sind.

Der NSA-Skandal wurde von den Bürgern bisher eher als nebensächlich und wenig dramatisch empfunden, Kai Pflaumes vierteilige Showreihe „Die Deutschen Meister“ hat jedoch Interesse bei den Zuschauern geweckt. Das zeigt der Zuschaueranteil von guten 13,2 Prozent bei der Premiere am Samstag. Hatte man bei der ARD Angst darum, Zuschauer mit dem „Brennpunkt“ zu vergraulen und somit die Quoten von Pflaumes Sendung zu gefährden?

„Dann gab es eben keinen Brennpunkt, man konnte doch überall sonst alle Fakten über den Abhörskandal nachlesen“ mögen da vielleicht einige sagen – und haben damit zum Teil auch recht. Es geht jedoch nicht darum, was man als Zuschauer für Möglichkeiten hat, sondern darum, wie die öffentlich-rechtlichen Sender mit dem Grundversorgungsauftrag umgehen. Wie wichtig dürfen Quoten sein, wenn es laut Rundfunkstaatsvertrag die Aufgabe ist, als „Medium und Faktor des Prozesses freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken“? Gar nicht wichtig. Anstatt von Quoten sollte die Entscheidung darüber, was berichtenswert ist, von Wichtigkeit, Vielfältigkeit und Informationsgehalt abhängen.

Natürlich ist auch die Unterhaltung ein wichtiger Teil der Programmvielfalt der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der „Brennpunkt“ hätte jedoch keinesfalls den Ausfall von „Die Deutschen Meister“ bedeutet, lediglich wäre der Start um 15 Minuten verschoben worden – somit wäre für jeden etwas dabei gewesen.

Mittlerweile hat sich die ARD geäußert: Man habe auf den „Brennpunkt“ aus rein inhaltlichen Gründen verzichtet. Eine solche Pressemitteilung war jedoch zu erwarten, das Statement „Ja, wir fanden die Quote wichtiger“ wäre wohl eher suboptimale PR gewesen.

Eindeutig geklärt werden kann der Vorfall wohl nicht. Es bleibt kaum etwas anderes übrig, als sich auf die Objektivität und Neutralität der Öffentlich-rechtlichen zu verlassen. Ein fahler Beigeschmack bleibt jedoch.

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