Was haben Bischöfin Margot Käßmann, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Außenminister Guido Westerwelle gemeinsam? Sie alle durchleben schwere Zeiten. Denn sie alle stehen momentan unter massiver öffentlicher Beobachtung, weil sie eine Art Krise oder zumindest eine öffentliche Diskussion ausgelöst haben. Wie händelt man solche Krisen? Geht man in die Offensive oder sollte man sie aussitzen? Und gibt es ein Muster, nach dem solche Krisen ablaufen? Frank Wilmes ist einer der renommiertesten deutschen Experten und verdient sein Geld genau damit: mit Beratung zu Krisen-PR und der Wiederherstellung der öffentlichen Reputation. Zu den aktuellen Fällen, in denen öffentliche Personen, Prominente, aber auch ihre Organisationen in die Krise geraten sind, haben wir mit Frank Wilmes gesprochen und ihn gefragt: wer verhält sich denn am klügsten?
Rückblick: Die Geschichten
Fall Nummer eins: Außenminister Guido Westerwelle
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle ist in der schwarz-gelben Koalition nicht nur Vizekanzler, sondern auch Außenminister. Traditionell haben die deutschen Außenminister eine sehr starke Stellung inne. Sie gelten als große Diplomaten und moralische Instanz. Insofern waren viele verwundert, als Westerwelle eine Debatte über Hartz IV anstiess. Man müsse dafür sorgen, dass jemand, der arbeiten geht, besser dastünde als jemand, der Hartz IV bekommt. Und er forderte stärkere Sanktionen gegen Missbrauch. Westerwelle verwendete starke Formulierungen und geriet dafür in die Kritik – sogar die Kanzlerin distanzierte sich vom Stil Westerwelles. Doch der blieb unbeirrt und erneuerte seine Forderungen sogar noch.
Fall Nummer zwei: Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
Die CDU in NRW steht kurz vor den Wahlen. Das sind Zeiten, in denen Wahlkampfmanager wie der Generalsekretär viel zu tun haben. Zum Beispiel, verschiedene Parteiveranstaltungen wie den CDU-Kongress vorbereiten. Auf solchen Veranstaltungen können Sponsoren Stände mieten und sich so präsentieren. Solche Angebote wurden auch unter Generalsekretär Hendrik Wüst verschickt. Allerdings erweckten sie den Anschein, als ob für etwas mehr Geld auch persönliche Gespräche mit dem Ministerpräsidenten möglich wären. Wie jüngst bekannt wurde, scheint diese Praxis schon länger zu laufen. Als das bekannt wurde, hagelte es Kritik. Ein Ministerpräsident dürfe nicht käuflich sein. Rüttgers reagierte schnell: erst hieß es, er habe von der Praxis nichts gewusst. Wenige Tage später musste der Generalsekretär gehen. Trotzdem: Jürgen Rüttgers bleibt bei seiner Darstellung. Gewusst habe er nichts von der Praxis. Und Rücktrittsforderungen kanzelt er sogar mit „Heuchelei“ ab.
Fall Nummer drei: Bischöfin Käßmann
Margot Käßmann war bis zum heutigen Nachmittag als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche die höchste deutsche Bischöfin. Samstagabend überfuhr sie eine rote Ampel und hatte 1,54 Promille im Blut. Eine Straftat. Als Bischöfin ist Margot Käßmann moralisches Vorbild, und hatte sich auch öfters zu strittigen Themen wie dem Afghanistan-Einsatz geäußert. Sie zog sofort Konsequenzen: erst wurden alle öffentlichen Auftritte abgesagt. Dann folgte das öffentliche Schuldeingeständnis. Heute Nachmittag nun der Rücktritt. Käßmann wählte damit eine ganz andere Strategie, als Rüttgers und Westerwelle.