Mit der Ankündigung, von Brüssel in die Bundespolitik zu wechseln, hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Schwung in die deutsche Politik gebracht. Er möchte die SPD bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr unterstützen. Das ist für die Partei nach mehreren Jahren des Wählerrückgangs eine willkommene Hilfe. Jedoch ist seine Rolle innerhalb der Partei und des Wahlkampfes noch völlig offen. Denn die SPD will ihren Konkurrenten für die Kanzlerkandidatur erst im Januar 2017 bekannt geben.
Martin Schulz: Vom „Sausack“ zum EU-Parlamentschef
Dabei gilt Martin Schulz als einer der wenigen, die der Dauerkanzlerin wirklich gefährlich werden könnten. Als jüngster Bürgermeister Nordrhein-Westfalens hat der Sozialdemokrat 1987 im beschaulichen Würselen seine Politikerkarriere gestartet. 1994 ist er erstmals als Abgeordneter ins EU-Parlament eingezogen. Auf den Posten des Fraktionssprechers der Sozialdemokraten im europäischen Parlament folgte 2012 das Amt des Präsidenten.
Schulz gilt als jemand, der hartnäckig und ehrgeizig für Dinge kämpft, die ihm wichtig sind. Er hat während der Eurokrise leidenschaftlich für ein vereintes und starkes Europa gestritten und sieht die EU als eine der größten Errungenschaften der letzten Jahrhunderte. Auch nach seinem Wechsel nach Berlin will er weiter für das europäische Projekt kämpfen. Doch mit seiner direkten Art eckt Martin Schulz häufig an. Er selbst hat sich in jüngeren Jahren auch mal als „Sausack“ bezeichnet.
Machtkampf oder Zusammenarbeit
Die SPD wird den überzeugten Europäer im Wahlkampf in jedem Fall gut gebrauchen können. Er ist ein brillanter Rhetoriker und genießt durch sein authentisches Auftreten hohe Wertschätzung in Meinungsumfragen. Bereits vor der Ankündigung, nicht erneut für den Parlamentsvorsitz in Brüssel zu kandidieren, galt Schulz als potenzieller Konkurrent für Angela Merkel. Die Frage ist jedoch, ob er in den internen Machtkampf mit dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel ziehen möchte oder mit diesem als möglicher Außenminister gemeinsam für die SPD wirbt.
Schulz würde ganz groß herauskommen, wenn er diese Form der selbstbescheidenen Analyse der eigenen Leistungsfähigkeit nüchtern einschätzte und sich mit Gabriel zusammentut. Dann könnte es möglicherweise spannend werden. – Dieter Wonka
Dieter Wonka ist sich sicher, dass der „geniale Politikkommunikator und enorm gute Bastler seiner eigenen Karriereplanung“ das Auswärtige Amt in den Blick genommen hat. Der Hauptstadtkorrespondent der Leipziger Volkszeitung bewertet im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Christian Eichler die Chancen und Risiken von Martin Schulz.
Redaktion: Joachim Plingen