Neue Parameter
Bisherige Studien haben das Erbvolumen anhand des reinen Vermögenswerts geschätzt. Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Hans-Böckler-Stiftung hat jetzt die Wertsteigerung des Erbes von zwei Prozent miteinberechnet. Damit haben sie auch regelmäßiges Sparen in der Erhebung berücksichtigt. Mit diesen und weiteren neuen Parametern kommt die Studie zu einem völlig anderen Ergebnis.
Nach den neuesten BErechnungen beträgt das voraussichtliche Erbvolumen etwa 400 Milliarden Euro pro Jahr (2012–2027). Das ist ein Viertel mehr als bisher angenommen. Ein Großteil des Geldes wechselt den Besitzer unversteuert. Das führt dazu, dass es teils keine genauen Informationen über das übertragene Erbe gibt.
Steuerfreies Erbe
Für das Erbe existieren in Deutschland sehr hohe Freibeträge. Enkel können beispielsweise bis zu 200.000 Euro unversteuert erben. Personen, die in keinem Verwandschaftsverhältnis zum Verstorbenen stehen, können bis zu 20.000 Euro steuerfrei erben.
Unternehmen sind grundsätzlich steuerlich begünstigt, wenn Arbeitsplätze erhalten werden und das Unternehmen weitergeführt wird. Es wird immer wieder diskutiert, ob es fair ist, leistungsloses Einkommen nicht zu versteuern. Doch die Erbschaftssteuer scheint einen schlechten Ruf bei den deutschen Bürgern zu haben. Dabei würden mit ihr womöglich Steuersenkungen in anderen Bereichen einhergehen.
Über den Begriff Gerecht lässt sich trefflich streiten. Ich glaube, es ist einfach wirtschaftlich nicht klug, weil es die Chancengleichheit unterminiert. – Volker Grossmann, Professor an der Universität Freiburg
Parteien tun sich schwer
Die Politik in Deutschland tut sich mitunter recht schwer, wenn es um die Erbschaftssteuer geht. CDU/CSU wollen vor allem Unternehmen und damit Arbeitsplätze schützen.
CDU und FDP sind strikt gegen eine höhere Erbschaftssteuer, was verwunderlich ist, weil gerade von diesen Parteien der Slogan ‚Leistung muss sich wieder lohnen‘ angeführt wird. – Volker Grossmann
Die SPD fährt einen ganz anderen Kurs: Großes Firmenvermögen soll höher besteuert werden. Geld, das innerhalb der Familie weitergegeben wird, hingegen nicht. Außerdem will die SPD Einkommen aus Arbeit und Kapital gleich besteuern. Die Linke beispielsweise will hohe Erbschaften besteuern, aber privat genutztes Wohneigentum freistellen. Auch die Grünen sprechen sich für eine Erbschaftssteuer aus. Eines haben jedoch alle Parteien gemeinsam: Sie schaffen es nicht, die Vorteile der Erbschaftssteuer richtig zu vermitteln.
detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser hat mit Volker Grossmann gesprochen. Er ist Professor am Lehrstuhl für Makroökonomie, Internationale Industrie und Wachstumspolitik der Universität Freiburg, in der Schweiz.
Redaktion: Barbara Butscher