Wenn es um Menschenhandel geht, denken viele sofort an junge Leute, die für viel Geld verkauft werden. Mittlerweile denkt man vielleicht auch an Schlepperbanden, die Flüchtlinge übers Mittelmeer nach Europa bringen.
Für die UN beginnt Menschenhandel schon eher. Nämlich dann, wenn Menschen für gewisse Tätigkeiten ausgenutzt werden. Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge mussten Menschen in den letzten Jahren beispielsweise dafür zahlen, Gebiete von Rebellen und Terroristen durchqueren zu dürfen. Ein gut laufendes Geschäft in Zeiten, in denen immer mehr Menschen aus ihrer Heimat fliehen.
Weltweit ist der Menschenhandel sowie die Zahl der Menschenhändler gestiegen – auch innerhalb Europas. Entdeckt werden die Schlepper jedoch selten. In Deutschland gab es jährlich zwischen 2012 und 2014 bis zu 150 Festnahmen. Die tatsächliche Anzahl solcher Menschenhändler dürfte jedoch deutlich höher liegen.
Menschenhandel floriert durch Kriege
Kriegssituationen oder instabile Systeme führen zu Fluchtbewegungen. Diesen Umstand nutzen terroristische Organisationen gezielt aus. Sie profitieren von ihrem System ebenso wie Schleuser oder Menschenhändler, beispielsweise durch erhobene Steuern in ihren Gebieten oder hohe Summen für den Transport nach Europa.
Im Jahr 2015 sind über 1,5 Millionen Menschen nach Europa gekommen und ungefähr 90 Prozent von ihnen mussten Händler bezahlen, um Europa zu erreichen. – Loretta Napoleoni, internationale Terrorismusexpertin
Doch die aktuelle Flüchtlingswelle ist nicht der einzige Grund für den wachsenden Menschenhandel. UNODC-Direktor Juri Fedotow sieht Zwangsarbeit und sexuelle Ausbeutung weiterhin als die Hauptgründe für den Verkauf von Menschen.
500+ trafficking flows detected across the world – all countries responsible to protect victims, bring criminals to justice.
— Yury Fedotov (@YuryFedotov) 21. Dezember 2016
Europa begünstigt Menschenhandel
Durch die geschlossenen und stärker bewachten Grenzen werden nach Ansicht von Loretta Napoleoni mehr Menschen versuchen, auf illegalen Wegen die Grenzen von Nordafrika oder Syrien zu überqueren. Dabei könne auch nicht die UN-Resolution helfen, die im Zuge des Reports ausgearbeitet wurde. Denn das wahre Problem wird nicht bekämpft. Tatsächlich wurden Passagen der Resolution gestrichen, die Opfern von Menschenhandel leichter Asyl in anderen Ländern beschaffen sollte.
Der einzige Weg dazu ist, die betroffenen Regionen zu befrieden. Der wahre Grund für dieses Problem sind die instabilen Systeme, die diese Länder heimsuchen. – Loretta Napoleoni
Loretta Napoleoni hat mit detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt über die Methoden der Menschenhändler und die anstehende UN-Resolution gesprochen.
Das Original-Interview in Englisch können Sie hier hören:
Redaktion: Merten Waage