Jährliche Demokratie-Show
Jeden März versammeln sich die Mitglieder vom Nationalen Volkskongress für zwei Wochen in Peking. Die gut 3.000 Delegierten aus allen Provinzen tragen schwarze Anzüge, Uniformen der Volksbefreiungsarmee oder bunte Trachten chinesischer Minderheiten.
Doch wie jedes Jahr werden sie vermutlich auch diesmal alle Beschlüsse durchwinken. Bisher ist noch nie ein Gesetz oder Antrag im Volkskongress gescheitert. Dennoch feiert China den Kongress als Organ der Demokratie.
Volkskongress – mit zentralen Vorgaben
Rund 1,4 Milliarden Menschen – und nur eine Partei. Seit 1949 die Volksrepublik China ausgerufen worden ist, trifft eine Partei alle politischen Entscheidungen für ein Fünftel der Menschheit. Dabei besteht die Kommunistische Partei Chinas aus rund 60 Millionen Mitgliedern. Von diesen trifft aber nur die Führungsriege die politischen Entscheidungen.
China solle sich weiter gegenüber der Welt öffnen, hieß es am Sonntag zur Eröffnung des Volkskongresses. Die Regierung versprach eine Kampagne gegen Armut, die Schließung schmutziger Industriebetriebe und große Investitionen in neue Energiequellen. All dies ist auch dringend nötig.
Am Ende entscheidet natürlich der ständige Ausschuss des Politbüros. Aber bis es zu dieser Entscheidungsvorlage kommt, reden doch eine ganze Menge Leute mit und versuchen ihre Interessen in diese Vorlage mit einzuspielen. Die Regierung versucht schon die relevanten Gruppen mit einzubeziehen. Damit man eine Entscheidung fällt, die dann nicht zurückgenommen werden muss. – China-Experte Frank Sieren
Die Delegierten auf dem Volkskongress äußern keine großen Kritikpunkte an den vorgetragenen Vorschlägen. Selten gibt es persönliche Anmerkungen oder gar einen Verbesserungsvorschlag. Bei Abstimmungen äußert sich Kritik nicht durch Gegenstimmen, sondern durch Enthaltungen. Jedoch ist die Partei durchaus offen für Ideen, wie China fortschrittlicher werden kann – solange ihr Verständnis guter Staatsführung nicht kritisiert wird.
Wer in China Politik macht – darüber hat detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf mit Frank Sieren gesprochen. Er ist Korrespondent des Handelsblatts in Peking und hat sich in mehreren Büchern mit der Partei, Chinas Wirtschaftsmacht und dem politischen System beschäftigt.
Redaktion: Thomas Weinreich