Lam zieht Entwurf für Auslieferungsgesetz zurück
Seit Juni gehen in Hongkong Hunderttausende für mehr Demokratie auf die Straße. Eine der Hauptforderungen der Demonstrierenden wurde nun erfüllt: Die Regierungschefin von Hongkong Carrie Lam zieht den Entwurf für das Auslieferungsgesetz an China endgültig zurück. Sie kommt damit den Protestierenden erstmals entgegen.
Durch das Gesetz wäre eine Überführung von verdächtigen Personen an China ermöglicht worden. Der Entwurf hat heftige Kritik hervorgerufen. Denn das chinesische Rechtssystem gilt als willkürlich und nicht unabhängig. Häufig werden Verdächtige ohne rechtskräftige Verurteilung Opfer von politischer Verfolgung.
Wenn die Regierungschefin das vor zwei Monaten getan hätte, dann wären die Proteste möglicherweise von heute auf morgen vorbei gewesen. Aber inzwischen ist so viel passiert in Hongkong – die Polizeigewalt, die Einmischung von China, das störrische Vorgehen der Hongkonger Regierung. Das hat zusätzlich so viel Wut geschürt unter den Demonstrierenden. – Felix Lee, China-Korrespondent für die taz und ZEIT ONLINE
Ende der Demonstrationen in Hongkong?
Trotz des Einlenkens der Hongkonger Regierungschefin hält die Protestwelle an, denn die Demonstrierenden sehen viele ihrer Forderungen nach wie vor nicht erfüllt. Neben der endgültigen Rücknahme des Auslieferungsgesetzes fordern die Demonstrierenden den Rücktritt Carrie Lams und freie Wahlen.
Außerdem verlangen sie eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt und die Freilassung der Menschen, die im Verlauf der Proteste festgenommen worden sind. Zudem soll der Einfluss Chinas auf die Sonderverwaltungszone Hongkong stärker beschränkt werden.
Wie sich die neuen Entwicklungen in Hongkong auf die Massendemonstrationen auswirken, hat detektor.fm-Moderatorin Bettina Brecke mit Felix Lee besprochen. Er ist China-Korrespondent unter anderem für die taz und ZEIT ONLINE.
Redaktion: Oliver Haupt