Prostitution = Tabu?
In Ländern wie Schweden, Frankreich und seit diesem Jahr auch Irland, ist Sex gegen Geld verboten. Allerdings erhält dort bei Verstoß gegen dieses Verbot nur der Freier eine Strafe. Prostituierte bleiben hingegen straffrei.
Dieses Prinzip kommt dennoch einem Berufsverbot gleich und kriminalisiert die Prostitution. Das hat zur Folge, dass die Gesellschaft Prostitution nun kritischer sieht und das Gewerbe in den betroffenen Ländern offiziell zurückgegangen ist.
In Deutschland hingegen bleibt Prostitution auch mit dem neuen Prostitutionsgesetz erlaubt. Allerdings wird es die Szene maßgeblich kontrollieren und dabei die Vorgänge transparenter machen.
Das neue Gesetz
Laut Deutscher Gesellschaft für Förderung der Sexuellen Gesundheit, kurz DSTIG, sind die strengen Regelungen jedoch nicht sinnvoll. Zum Beispiel sieht das neue Gesetz eine persönliche gesundheitliche Pflichtberatung für Sexarbeitende vor. Bei diesem Informationsgespräch entscheidet das Amt, ob es einen Arbeitsausweis ausstellt oder nicht. Prostitution ohne einen solchen Ausweis ist verboten. Dadurch geraten die Betroffenen unter großen Druck.
Die DSTIG erklärt in ihrer Leitlinie zum Thema STI-Beratung aber, dass persönliche Gespräche allgemein nicht zielführend sind. Beratung sollte stets auf freiwilliger Basis und anonym stattfinden.
Das ist insofern problematisch, als dass diese Anmeldung persönlich stattfinden muss. Das verstößt ganz klar gegen EU-Vorgaben, weil die EU sagt, dass der Zugang zu den einzelnen Berufen im Rahmen der Freizügigkeit online vermittelt werden kann. – Margarete von Galen, Strafrechtsanwältin
Auch sonst zeigen sich die Interessenvertreter der Prostituierten empört über das Gesetz. Seit Jahren fordern sie die Anerkennung von Prostitution als Freiberuf und setzen sich für eine Sexarbeiter-Sozialklasse ein. Auch gut organisierte Kampagnen zur Beratung unter Kollegen laufen bereits und zeigen Erfolge. Eine gesetzliche Stärkung dieser bestehenden Strukturen ist aber nicht vorgesehen.
Auch die Meldepflicht für Prostituierte, bei der sie sogar den voraussichtlichen Arbeitsort angeben müssen, schränkt die Betroffenen beruflich maßgeblich ein.
Beschwerde der „Geschützten“
Der Verein Doña Carmen hat nun beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Laut dieser ist das Prostituiertenschutzgesetz nicht mit den Grundrechten vereinbar. Das betrifft unter anderem das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Gleichheit vor dem Gesetz und das Grundrecht auf freie Berufswahl.
Inwiefern das neue Gesetz rechtlich anfechtbar ist, hat Strafrechtsanwältin Margarete von Galen detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer im Interview erklärt.
Redaktion: Dorothea Günther