Nach zehn Jahren ist es wieder soweit: Das Verteidigungsministerium hat ein neues Weißbuch veröffentlicht. In dem Dokument werden vor allem die sicherheitspolitische Lage Deutschlands und daraus resultierende Aufgaben der Bundeswehr geschildert. Und seit 2006 hat sich einiges geändert.
Neues Weißbuch – Die Sicherheitspolitik der Verantwortung
Eines der Hauptthemen des Berichts ist der zukünftige Umgang mit globalen Krisen und Konflikten. Die Bundesrepublik will aufgrund ihrer politischen Bedeutung mehr internationale Verantwortung übernehmen – und auch mehr militärische Verpflichtungen. Diese Idee ist jedoch nicht neu und wurde auch außenpolitisch schon länger gefordert.
Es gibt von westlichen Verbündeten die Aufforderung, dass sich Deutschland nicht hinter der Vergangenheit verstecken soll, sondern sich aktiv einbringen muss. – Thomas Wiegold, Journalist und Militärexperte
Das bedeutet: In Zukunft könnte es häufiger als bisher multinationale Einsätze unter deutscher Führung geben, auch ohne UNO oder Nato als Dachverband. Möglich wären Militärbündnisse ähnlich der internationalen Allianz gegen den IS.
Aufrüstung statt Konfliktlösung?
Um diese bevorstehenden Aufgaben bewältigen zu können, bedarf es vor allem einer besseren Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr sowie entsprechender Finanzierung. Im Bericht heißt es: „Die finanziellen Rahmenbedingungen müssen es der Bundeswehr ermöglichen, ihr gewachsenes Aufgabenspektrum und die bündnispolitischen Anforderungen erfüllen zu können.“
Dabei stellt sich jedoch die Frage, warum mehr Verantwortung automatisch Aufrüstung bedeuten muss. Mit ziviler Konfliktbearbeitung sowie Alternativen zur militärischen Großmachtpolitik wird sich in dem Weißbuch kaum beschäftigt und auch andere Kritik wurde laut.
Es ist das Weißbuch über die Zukunft der Bundeswehr, daher ist es nicht überraschend, dass die militärische Komponente im Übergewicht ist. – Thomas Wiegold
Wird es bald eine EU-Bundeswehr geben?
Eine Überraschung gibt es dann doch, wenn auch im Bericht nur vage formuliert: Um bevorstehendem Personalmangel entgegenzuwirken, sei es tendenziell denkbar, die Bundeswehr auch für EU-Ausländer zu öffnen. Ablehnung hat es prompt vom Bundeswehrverband gegeben, denn der sieht das gegenseitige Treueverhältnis zwischen Soldat und Staat in Gefahr. So weit reicht die internationale Verantwortung dann scheinbar doch nicht.
Ob die deutsche Sicherheitspolitik eine solche Renaissance erlebt, darüber spricht detektor.fm-Moderator Alex Hertel im Interview mit Thomas Wiegold. Der Journalist ist Experte für internationale Militärpolitik.