Friedliche Wahlen im Kosovo
Im Kosovo ist am Wochenende ein neues Parlament gewählt worden. Die Wahl fand ein Jahr früher als gedacht statt. Der noch regierende Präsident Hashim Thaçi musste die Wahl wegen eines Misstrauensvotums vorverlegen. Die Wahl selbst verlief weitgehend friedlich. Es kam nur im Norden des Landes zu kleineren Zwischenfällen. Dort wohnen die meisten Menschen der serbischen Minderheit.
Seit dem Jahr 2008 ist die ehemalige serbischen Provinz Kosovo unabhängig. Inzwischen haben 114 Staaten Kosovo als eigenständiges Land anerkannt. Aber Serbien erhebt weiterhin Anspruch auf das Gebiet.
Koalitionen gestalten sich schwierig
Mit etwa 35 Prozent aller Stimmen haben drei ehemalige Rebellenführer des Bürgerkrieges die Wahl gewonnen. Die sogenannten Kriegsparteien – die Demokratische Partei Kosovo, die Allianz für die Zukunft des Kosovo, Nisma (Initiative) und einige kleinere Parteien – haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen und stellen einen gemeinsamen Spitzenkandidaten für das Amt des Premierministers. Das ist Ramush Haradinja. Dieser wird widerum von Serbien beschuldigt, Kriegsverbrecher zu sein und ist schon zwei Mal angeklagt worden. Allerdings wurde er immer freigesprochen, denn man konnte ihm keine Verbrechen nachweisen.
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Eine Regierungsbildung dürfte schwer werden, da keine der zusammengeschlossenen Gruppen allein eine Mehrheit bilden kann und viele einer Koalition kritisch gegenüberstehen.
Europäische Idee als Antrieb
Kosovo hat viele Probleme, denen sich eine neue Regierung stellen muss: Waffen-, Drogen- und Menschenhandel, Korruption, Jugendarbeitslosigkeit, Kriminalität. Auch die Beziehungen zu Serbien und der Anspruch, den Serbien weiterhin erhebt, müssen neu verhandelt werden. Allerdings hat die Wahl aus der Sicht Europas auch etwas Positives: Denn alle Parteien, die zur Wahl angetreten sind, setzen sich stark für Kooperationen mit der EU und der NATO ein. Viele Kosovaren hoffen darauf, dass damit Wohlstand und Sicherheit in das kleine Land kommen.
Obwohl Ramush Haradinja bereits seinen Wahlsieg in der Hauptstadt Pristina gefeiert hat, sollte er sich nicht zu früh freuen. Denn der Weg zum neuen Premierminister des Kosovo ist noch weit.
Ob Ramush Haradinja oder Avdullah Hoti oder noch ein Dritter der Premierminister des Kosovo sein sollte und könnte, das werden wir erst nach zwei, drei Monaten schwieriger Verhandlungen sehen. Ich schließe aber nicht aus, dass der Kosovo im September oder Oktober auch neue, außergewöhnliche Wahlen haben könnte, wegen diesen ganz schwierigen Verhandlungen. – Bahri Cani, Journalist und Korrespondent für die Deutsche Welle
Bahri Cani ist gebürtiger Kosovare und arbeitet als Journalist und Reporter für die Deutsche Welle. Er hat detektor.fm-Moderatorin Sara Steinert erklärt, was sich in dem kleinen Land nach den Neuwahlen ändern wird und warum sich eine Regierungsbildung schwierig gestalten könnte.
Redaktion: Josefine Farkas