Polen: Blick auf die Geschichte
Polens Geschichte beginnt im Mittelalter mit dem Zusammenschluss einiger Fürstentümer. Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert erlebte es seine kulturelle und politische Blütezeit. Doch dann folgten 1772 und 1792 die erste und die zweite Teilung Polens, bis 1795 schließlich die Mächte Russland, Preußen und Österreich Polen unter sich aufteilten. Von da an existierte der polnische Staat nicht mehr.
Am 11. November 1918, nach dem Ersten Weltkrieg, erlangte Polen nach über 100 Jahren als polnische Republik dann seine Selbstständigkeit zurück. Der Aufbau eines Staates konnte jedoch nicht wirklich vollzogen werden, denn einige Jahre später, 1939, griff Deutschland die Republik an. Der Zweite Weltkrieg traf Polen sehr hart. Sechs Millionen Polen ließen ihr Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Polen Teil des Warschauer Paktes und damit zu einem sozialistischen Staat.
Mit dem Fall der Mauer in Deutschland ging auch der Sozialismus in Polen unter. Fortan ging es um eine Neugestaltung. 1991 gab es die ersten freien Parlamentswahlen. Drei Jahre später wurde die Republik Nato-Mitglied und trat 2004 der EU bei.
Gewaltenteilung mit Fragezeichen
Die Republik Polen ist heute eine parlamentarische Demokratie. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, Sejm und Senat. Alle vier Jahr finden Neuwahlen statt. Die Wahl des Staatsoberhauptes findet alle fünf Jahre und direkt statt. Er kann einmal wiedergewählt werden.
2015 wurde der nationalkonservative Andrzej Duda zum Präsidenten gewählt und auch die Parlamentswahl im selben Jahr konnte die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“, kurz PiS, für sich entscheiden. Mit der Wahl begann eine Beseitigung der Unabhängigkeit der Justiz, die stückchenweise voran geht.
In Polen werden Institutionen, die in den vergangenen 27 Jahren aufgebaut worden sind, geschwächt. Und das sind Institutionen, die Gewaltenteilung und das Gleichgewicht dieser Gewalten betreffen. Das ist besorgniserregend. – Florian Kellermann, DLF-Korrespondent für Polen
Das Verfassungsgericht hat die Regelungen zur Zusammensetzung des nationalen Gerichtshofs, kurz KRS, für verfassungswidrig erklärt. Dieses umstrittene Urteil gibt der Regierung die Möglichkeit, die Kontrolle über die Justiz zu übernehmen.
Neuer Gesetzesentwurf
Passend zum Urteil liegt ein Gesetzesentwurf vor, über den das Parlament abstimmen muss. Dieser beinhaltet gleich zwei Gesetze. Das erste sieht ein vorzeitiges Ende der Amtszeit der Mitglieder des Gerichtsrates vor – und auch eine Umgestaltung. Seine Mitglieder sollen zukünftig vom Parlament gewählt werden.
Außerdem sieht es eine Aufteilung des Rates in zwei Kammern vor, die nur gemeinsam Entscheidungen treffen können. Das ermöglicht der Regierung ein Vetorecht auf jede Richterbesetzung und jede Expertise.
Das zweite Gesetz bestimmt sowohl die Ausweitung der Regierungskontrolle auf alle Gerichte als auch eine Ermächtigung des Justizministers Zbigniew Ziobro, Gerichtspräsidenten und ihre Stellverteter zu entlassen und zu ernennen. Während der EU-Staat die Gewaltenteilung – ein wichtiges Kennzeichen für einen Rechtsstaat – auflöst, sieht die Europäische Union dem bislang weitgehend tatenlos zu.
Florian Kellermann ist Deutschlandfunk-Korrespondent für Polen und hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt im Gespräch erklärt, was da in Polen los ist und wie es mit dem polnischen Rechtsstaat wohl weitergehen wird.
Redaktion: Laura Pientka