Der Plan steht: Mit der Unterstützung der Türkei will die EU den Umgang mit den hohen Flüchtlingszahlen unter Kontrolle bekommen. Das ist das Ergebnis des gestrigen Treffens zwischen dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und den EU-Spitzenpolitikern.
Seine Unterstützung lässt sich Erdogan jedoch einiges kosten. Er weiß um die Abhängigkeit der EU und fordert neben finanzieller Unterstützung unter anderem auch freie Hand beim Kampf gegen die Arbeiterpartei PKK.
„Erdogan geht es ja nicht wirklich um die Lösung der Flüchtlingskrise, sondern vielmehr um die Instrumentalisierung der Flüchtlingsfrage für seine eigenen Machtinteressen.“ – Burak Çopur
Freund oder Feind?
Dass die EU nun scheinbar die Augen vor den Menschenrechtsverletzungen in der Türkei verschließt, stößt vielen Europäern bitter auf. Die Situation der kurdischen Minderheit im Land wird immer wieder beklagt. Aber wo sonst harsche Kritik gegen den Staatspräsidenten ausgeübt wird, werden nun fleißig Hände geschüttelt – und das vor der europäischen Flagge.
„Für einen überzeugten Europäer waren die Bilder des Treffens in Brüssel zwischen der EU und Erdogan eigentlich nur zum Fremdschämen, denn hier wurden hart erkämpfte europäische Werte sehr leichtsinnig über Bord geworfen.“ -Burak Çopur
Vor dem Hintergrund der anstehenden Neuwahlen in der Türkei ist dieses Bild umso eindrucksvoller. Für den Politikwissenschaftler Burak Çopur wäre es nicht verwunderlich, wenn Erdogan das Treffen in Brüssel als Wahlwerbung nutzt, um sich in seiner Heimat als großen Wohltäter darzustellen.
Fragwürdiges Image
Die EU-Politiker müssen sich nun fragen, welches Zeichen sie bei einer Zusammenarbeit mit der Türkei nach außen hin transportieren wollen und ob sie sich auf den Kuhhandel mit Erdogan langfristig einlassen.
Über den EU-Besuch Erdogans hat detektor.fm-Moderatorin Constanze Müller mit dem Politikwissenschaftler Burak Çopur gesprochen.
Redaktion: Laura Zachmann