Kein Kompromiss
Nicht mal bis zu den Koalitionsverhandlungen haben es die Jamaika-Parteien geschafft. In der Nacht zum 20. November hat die FDP erklärt, dass sie nicht mit Grünen und Union regieren möchte. Manche Stimmen aus dem Ausland befürchten deswegen Chaos im „stabilen Deutschland“. Auch Frankreichs Präsident Macron ist wegen der gescheiterten Verhandlungen besorgt.
In den letzten 14 Tagen haben wir zwischen den verschiedenen Parteien, auch zwischen CSU und Grünen, alles andere als harmonische Töne vernehmen können. Offenkundig gab es auch zwischen CSU und Grünen bis gestern Abend noch große Differenzen. – Uwe Jun, Politikwissenschaftler
Gehören stabile Mehrheiten der Vergangenheit an?
Lange Zeit waren Regierungsbildungen in Deutschland nicht weiter schwierig. Zwischen 1961 und 1983 gab es nur drei Kräfte im deutschen Bundestag: FDP, SPD und die Union. Bei den Wahlen 1972 und 1976 erhielten diese Parteien 99 Prozent der Zweitstimmen.
Wir sehen ja schon länger auf Länderebene, dass Mehrparteienkoalitionen immer öfter erforderlich werden. In einer Koalitionsdemokratie ist der Kompromiss konstitutiv. Das müssen die Parteien noch mehr lernen. – Uwe Jun
Nach dieser Bundestagswahl waren erstmals sechs Parteien im Parlament vertreten. Die Zeit von Zweier-Bündnissen jenseits der Großen Koalition ist seit diesem Jahr wohl endgültig vorbei.
Regierungsbildung im Ausland
In den Niederlanden ist erst drei Monate nach der Wahl eine Koalitionsverhandlung gescheitert. Nach weiteren vier Monaten haben sich andere Partner für eine Regierungsbildung gefunden. Die vier Wochen, die Grüne, FDP und Union sondiert haben, sind im Vergleich hierzu relativ kurz.
Doch da die SPD eine Regierungsbeteiligung derzeit ausschließt, bleiben nur Neuwahlen. Oder aber eine Minderheitsregierung. In skandinavischen Ländern wie Schweden oder Dänemark sind Minderheitsregierungen der Normalfall. Doch diese Option ist in Deutschland sehr unwahrscheinlich.
Über Regierungsbildung in Deutschland hat detektor.fm-Moderatorin Carina Fron mit dem Koalitions- und Parteienforscher Uwe Jun gesprochen.
Redaktion: Rewert Hoffer