Die harten Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Griechenland dauern seit Monaten an, immer wieder ist dabei der „Grexit“ ins Spiel gebracht worden. Auf griechischer Seite gelten sowohl der Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis als auch Ministerpräsident Alexis Tsipras als Anhänger der Spieltheorie. Sind all die Drohungen ernstzunehmen, oder ist alles nur Spiel und Verhandlungstaktik?
Die EU und Griechenland spielen „Feigling“
Mutprobe: Zwei Autos rasen nebeneinander auf eine Klippe zu. Wer zuerst aus seinem Auto springt, ist das „chicken“ – der Feigling. Die Szene aus dem Film „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit James Dean ist weltbekannt. Das Szenario dafür stammt aus der Spieltheorie, die sich in den 1950er Jahren in den Wirtschaftswissenschaften zunehmend etabliert hat.
Die EU und Griechenland spielen ein solches Chicken-Game. Es geht darum, die eigenen Drohungen glaubhaft zu machen. – Wolfram Elsner, Universität Bremen
Scharfes Konfliktspiel statt Kompromiss
Die Theorie kennt ein weiteres Beispiel: Beide Autos fahren aufeinander zu, im direkten Kollisionskurs. Es gilt Mut zu beweisen und als Letzter auszuweichen. Zeitgleich ist es aber im Interesse beider Parteien, den fatalen Zusammenprall zu vermeiden. Der Kalte Krieg zwischen den USA und Russland gilt als ein Beispiel für ein solches Chicken-Game mit maximalem Einsatz.
Mit der Drohkulisse des „Grexit“ wollen sowohl die EU als auch Griechenland den jeweils anderen zum Einlenken bewegen.
Da wurde das Lenkrad demonstrativ fesgeschraubt: Guck mal hier, ich kann gar nicht ausweichen. – Wolfram Elsner, Universität Bremen
Über die Spieltheorie und die Griechenland-Verhandlungen hat detektor.fm-Moderation Theresa Nehm mit dem Spieltheorie-Experten Wolfram Elsner von der Universität Bremen gesprochen.
Redaktion: Sandro Schroeder