Staatstrojaner im Einsatz
Ein Staatstrojaner ist ein Spähprogramm. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Sicherheitsbehörden diese Trojaner nutzen, um Internet-Telefonate und Nachrichten einzusehen und zu speichern. Man unterscheidet bei der Software zwischen dem kleinen Trojaner, der sich auf die Überwachung der Telekommunikation beschränkt, und dem großen Trojaner, der Geräte vollständig durchsucht und ausliest.
Sicherheitsbehörden dürfen diese Programme nach einem Urteil des Verfassungsgerichts seit 2008 anwenden, allerdings nur „wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen“. Wie zum Beispiel bei akuter Terrorgefahr.
Mehr Überwachungsmöglichkeiten
Herkömmliche Telefonüberwachung gibt es schon länger. Dabei werden die Anrufe verdächtiger Personen von Ermittlern abgehört. Bei welchen Verbrechen abgehört werden darf und bei welchen nicht, das legt ein Straftaten-Katalog fest. Dieser enthält schwerwiegende Straftaten wie Mord und Raub, aber auch „leichte“ Kriminalität wie Betrug oder Fälschung.
Die große Koalition berät in diesen Wochen über einen Gesetzesentwurf, der das ändern soll. Er würde bei Straftaten aus dem aktuellen Katalog nicht nur die herkömmlichen Abhörmittel erlauben, sondern auch die verdeckte Installation des Staatstrojaners – und damit das Hacken und die vollständige Einsicht in die Geräte durch den Staat. Der Entwurf dafür soll in den nächsten Tagen im Bundestag beschlossen werden.
Datenschützer warnen
Die Sicherheitsbehörden argumentieren damit, dass Terroristen und Schwerverbrecher nicht mehr über Anrufe kommunizieren. Längst schon würden sie sich über verschlüsselte Nachrichtendienste wie Threema oder Telegram austauschen. Diese kann man mit den herkömmlichen Methoden nicht überwachen. Deshalb müsse man, um auf Augenhöhe zu bleiben, die Befugnisse erweitern. Der Staatstrojaner soll her.
Die Ermittler argumentieren, dass sie durch die Verschlüsselung nicht mehr mitlesen können. Dabei stehen den Sicherheitsbehörden mehr Daten zur Verfügung als jemals zuvor. – Andre Meister, netzpolitik.org
Datenschützer hingegen sehen hier einen heftigen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. Außerdem steht der Gesetzentwurf einigen Juristen zufolge mit dem Urteil des Verfassungsgerichts im Widerspruch, da die „konkrete Gefahr für überragend wichtiges Rechtsgut“ bei leichter Kriminalität nicht gegeben sei.
Viele von uns befragte Juristen sagen, dass das Verfassungsgericht dieses Gesetz so nicht stehen lassen wird. – Andre Meister
Andre Meister gibt im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Eric Mickan einen Überblick über aktuelle Überwachungsmöglichkeiten und den Entwurf der großen Koalition.
Redaktion: Robin Hatting