Eigentlich studiert er Materialwissenschaften und engagiert sich bei den Falken, einer sozialdemokratischen Jugendgruppe: Josef, Student aus Jena. Seit sechs Monaten sitzt er nun in Wien in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, auf den Protesten gegen den Akademikerball in Wien randaliert und andere zu Gewalt angestiftet zu haben.
Heute entschieden die Richter, Josef S. aus Jena sei schuldig. 12 Monate Haft, acht davon auf Bewährung. Für Josef bedeutet das, dass er heute aus dem Gefängnis entlassen wird. Denn schon seit einem halben Jahr sitzt der 23-jährige Student aus Jena in Untersuchungshaft in Wien. Es kann keine leichte Zeit für ihn gewesen sein. Eine Stunde Hofgang und eine Stunde Messe, Besuch nur von der Familie gestattet, von Freunden nicht – mehr Abwechslung war nicht drin bei seinen Haftbedingungen.
Auch zur Verleihung des Preises für Zivilcourage der Stadt Jena konnte Josef S. nicht erscheinen. Der Preis wurde ihm für sein antifaschistisches Engagement verliehen. Um gegen Faschismus zu demonstrieren, war Josef auch nach Wien gefahren.
Ein Ball mit Folgen
Jährlich reisen viele Demonstranten zum Wiener Akademikerball, um gegen die Rechten und Burschenschaftler, die sich dort versammeln, auf die Straße zu gehen. Die Ausschreitungen rund um die Proteste hinterließen dieses Jahr einen Schaden in Höhe von einer halben Millionen Euro. Josef S. ist der Einzige, der immer noch in Untersuchungshaft sitzt. Nicht wenige meinen, an ihm solle ein Exempel statuiert werden.
Obwohl die Beweislage unklar ist, wurde die Untersuchungshaft verlängert. Ein Großteil der Prozessbeobachter beurteilt den Prozess kritisch, da bislang wenig handfeste Beweise vorgelegt wurden.
Unsere Kollegin Jennifer Stange war beim Prozess dabei, hatte Josef zuvor schon in Untersuchungshaft besucht – und fasst im Interview Urteil, Prozess und das Verfahren zusammen.