Union am Limit?
Auch wenn Horst Seehofers Masterplan außerhalb der Union noch nicht veröffentlicht wurde, ein Punkt ist bekannt: Zukünftig sollen Asylsuchende, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert sind, direkt an der Grenze zurückgewiesen werden. Die CSU spricht sich also für klare nationale, von anderen Staaten unabhängige Regelungen aus. Die CDU hingegen steht weiterhin größtenteils hinter Kanzlerin Angela Merkel, die bilaterale Absprachen auf EU-Ebene gegenüber unabgestimmter Zurückweisung bevorzugt.
Bayern first
Ich habe den Eindruck, die CSU will, koste es, was es wolle und auf welche Weise auch immer, Anschluss an die Anti-Flüchtlings-Stimmung kriegen. – Heribert Prantl, Leiter des Meinungsressorts der Süddeutschen Zeitung
Der CSU sitzt die bayerische Landtagswahl im Oktober im Nacken. Laut aktuellen Umfragen verliert die CSU ihre absolute Mehrheit und die AfD ist auf einem guten Weg, zweitstärkste Kraft zu werden. Die CSU versucht, der Abwanderung ihrer Wähler zur AfD mit Taten entgegenzuwirken – jetzt noch mehr als zuvor. Seehofers Masterplan passt da besonders gut rein. Aber schon am Vokabular der Parteivertreter zeigt sich, wie die CSU versucht, die abgewanderten Wähler zurückzugewinnen.
Wir müssen endlich unsere Grenzen wirksam sichern. Dazu gehört natürlich die Zurückweisung. Der Asyltourismus muss beendet werden. Deutschland darf nicht endlos auf Europa warten, sondern muss selbstständig handeln.
— Markus Söder (@Markus_Soeder) 14. Juni 2018
Das letzte Wort
Aber dass Horst Seehofer nun die Bundespolitik so lenkt, wie es ihm für die eigene Landtagswahl passt, damit ist die CDU nicht einverstanden. Die Schwesterparteien diskutieren seit Tagen in getrennten Gesprächen und Sitzungen über mögliche Kompromisse. Regierungssprecher Steffen Seibert hat auch bereits auf die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin hingewiesen. Ob das bedeutet, dass sie in dieser Frage das letzte Wort haben wird, hat er hingegen nicht eindeutig gesagt.
Dann wird es entscheidend sein, wer die stärkeren Nerven hat und etwas wagt. – Heribert Prantl
Nachdem am Montag beide Parteivorstände getagt haben, gibt Seehofer der EU-Linie der Bundeskanzlerin noch eine Chance. Sie habe zwei Wochen Zeit bis nach dem EU-Gipfel, um in bilateralen Gesprächen mit EU-Staaten Einigungen zu erzielen. Danach würde er mit der Umsetzung der Zurückweisung beginnen, hat er in der Pressekonferenz am Montag bekanntgegeben.
detektor.fm-Moderator Christian Erll hat mit Heribert Prantl über den Streit in der Union gesprochen. Er ist Leiter des Meinungsressorts der Süddeutschen Zeitung.
Redaktion: Dorothea Günther