Zur Strafe ausgehungert
Bereits seit zwei Jahren ist der Stadteil Jarmuk von der Außenwelt abgeschottet. Die überwiegend aus palästinensischen Flüchtlingen bestehende Bevölkerung hatte sich zu Beginn des syrischen Aufstands 2011 gegen Präsident Baschar al-Assad gestellt. Daraufhin ließ der Diktator Jarmuk im Sommer 2013 vom Militär umstellen. Seitdem kommen kaum Waren und Lebensmittel in das Viertel.
Er hat am Anfang des Konflitkts gesagt: „Ihr könnt Gebiete haben, aber nur in Trümmern.“ Und genau das versucht er flächendeckend, auch in Jarmuk. Stadtteile in Trümmer zu legen und sämtliche zivilgesellschaftliche Aktivitäten ins Verderben zu stürzen. – Elias Perabo, Adopt a Revolution
Bislang sollen nach Angaben der Hilfsorganisation bereits 100 Bewohner verhungert sein. In der aktuellen Situation drohe eine humanitäre Katastrophe für die verbliebenen Menschen. Von den einst 200.000 Bewohner leben nur noch circa 16.000 in Jarmuk.
Helfer auf Todeslisten
Sie wurden bislang von einheimischen Helfern am Leben erhalten, unterstützt von ausländischen Organisationen. Sie organisierten die medizinische Betreuung und einen rudimentären Schulunterricht, schlichteten bei Streits und schulten die Bewohner im Lebensmittelanbau, damit diese sich durch Nachbarschaftsgärten selber ernähren konnten.
Der IS versucht einen neuen, repressiven Staat entstehen zu lassen. Und darein passt keine Zivilgesellschaft. Menschen, die sich selbst organiseren, die sich selbst versuchen zu helfen. Das passt zu dieser Ideologie nicht. – Elias Perabo
Deshalb machen die IS-Kämpfer nun gezielt Jagd auf die Helfer. Sie flüchten sich in benachbarten Viertel. Darunter auch die Mitarbeiter von Adopt a Revolution. Doch auch dort droht ihnen der Tod, sowohl durch die berüchtgiten Fassbomben als auch Todesschwadrone des Regimes. Auch sie führen die Helfer auf so genannten „Todeslisten“.
Der IS in der Bedrängnis
Die aktuelle Offensive des Islamischen Staats ist somit nur der Höhepunkt des Leids der Menschen von Jarmuk. Der IS sei aber nicht in der Lage, den Stadteil zu halten, meint Elias Perabo. Der Angriff sei eher ein Zeichen der Verzweiflung, weil der IS zunehmend von konkurrienden dschihadistischen Organsiationen im zersplitterten Süden Syriens unter Druck gesetzt wurde.
Auch im IS-Kerngebiet in Nordsyrien mussten die Kämpfer zuletzt Niederlagen hinnehmen, etwa im kurdischen Kobane. Im benachbarten Irak wurden sie gar ganz aus der wichtigen Großstadt Tikrit vertrieben. Mit demAngriff auf Jarmuk wollten Sie das Regime provozieren und Macht demonstrieren, die sie zumindest in und um Damaskus nicht hätten.
Im Interview mit Moderatorin Doris Helpholdt schildert Elias Perabo, wie aus dieser Gemengelage der ausweglose Status Quo in Jarmuk entstanden ist und ob es erklärt, ob es überhaupt Hoffnung für die Menschen vor Ort gibt.
Redaktion: Alexander Hertel