Paris, Verviers, Kopenhagen: Seit Jahresbeginn ist der Terror in Europa wieder präsent. Auch in Deutschland wächst die Angst vor einem Anschlag, ein Dauerthema für die Innenminister der Bundesländer. Besonders alarmiert zeigt sich der Vorsitzende der deutschen Innenministerkonferenz, Roger Lewentz.
Seine Forderung: Die deutsche Polizei muss für die Terrorbekämpfung weiter hochgerüstet werden. Und zwar mit besseren Schusswesten, schweren Waffen und Panzerwagen, möglicherweise des Typs Eagle IV, die die Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt hat. Lewentz will nach eigenen Angaben zwischen den Terroristen und deutschen Polizeibeamten „Waffengleichheit“ herstellen.
Bereitschaftspolizei nicht vorbereitet?
Für Roger Lewentz ist klar: Die Polizei hat es mit einem „neuen Tätertyp“ zu tun: gut ausgebildet, gut ausgerüstet, „extrem kaltblütig“. Darauf müsse die Polizei nicht nur personell, sondern auch materiell vorbereitet sein. Er selbst hat als Innenminister von Rheinland-Pfalz im eigenen Bundesland Investitionen von bis zu vier Millionen Euro angekündigt, die in die Ausrüstung der Polizisten fließen.
Jedes Jahr will er außerdem bis zu fünfhundert Anwärter neu einstellen. Vergleichbare Pläne hat der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Ralf Jäger, der bis 2017 fast 400 Polizisten und Verfassungsschützer für die Terrorbekämpfung abstellen will.
„Alle Polizeien, alle Bundesländer müssen sich im Moment sehr anstrengen, die Kräfte, die in Ruhestand gehen, durch Neueinstellungen zu kompensieren. Das soll man dann auch so sagen und hier nicht das Bild einer terroristischen Bedrohung geradezu herbeireden. Das machen nicht junge Polizeianwärter, und vor allen Dingen macht das nicht die Masse der Polizei, also quantitativ, sondern es ist eine qualitative Arbeit, und dafür haben wir Spezialisten und Spezialistinnen, und die sind auf diese Bedrohungslagen auch relativ gut vorbereitet – so gut man sich eben auf das Unerwartete vorbereiten kann.“ – Prof. Rafael Behr, Polizeiakademie Hamburg
Die Vorbereitung auf das Unerwartete treibt auch den Innenminister des Bundes, Thomas de Maiziere, um. Er lässt prüfen, wie man die Personallage und Ausstattung von Polizei, BKA und Verfassungsschutz weiter verbessern kann. Es steht sogar der Vorschlag im Raum, eine zusätzliche Anti-Terror-Einheit ins Leben zu rufen, ergänzend zur bereits bestehenden Spezialeinheit GSG 9. Auch diese wurde 1972 in Reaktion auf einen Terroranschlag gegründet: Die Geiselnahme von München.
Gewerkschaften fordern besseren Schutz von Beamten
Neben der Terrorgefahr begründen Politik und Polizeigewerkschaften ihre Forderungen nach mehr Personal und besserer Ausrüstung auch damit, dass die Zahl der Angriffe auf Polizisten steigt. Sie verweisen darauf unter anderem auf Zahlen des Bundeskriminalamts. Das letzte Bundeslagebild „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte“ von 2013 zeigt aber auch: Fälle des Widerstands gegen die Staatsgewalt sind mit 21.618 registrierten Vorfällen so niedrig wie seit 1999 nicht mehr. Seit dem bisherigen Höchststand im Jahr 2008 mit 28.272 Fällen sei die Entwicklung „tendenziell rückläufig“.
detektor.fm-Redakteur Lucas Kreling hat im Gespräch mit Moderatorin Astrid Wulf die Hintergründe zu Lewentz‘ Forderungen erklärt.
Das Interview mit Rafael Behr von der Hamburger Polizeiakademie in voller Länge: