Im Irak und im Nahen Osten gibt es zahlreiche Ethnien. Griechisch-Orthodoxe, Alawiten, Sunniten, Schiiten, Dulaimi und Kurden sind nur einige wenige. Um ein besseres Verständnis für den Konflikt im Irak zu bekommen, stellen wir die drei wichtigsten Ethnien vor.
Sunniten
Rund 90 Prozent der Menschen, die an den Islam glauben sind sunnitisch. Die irakischen Sunniten leben vor allem in Bagdad sowie in den Provinzen westlich und nördlich der Hauptstadt.
Der Begriff Sunniten leitet sich von dem Wort Sunna ab, was „Brauch“ bedeutet. Für die Sunniten beinhaltet al-Sunna die Überlieferungen und Verhaltensnormen, die auf den Propheten Mohammed und seine frühen Anhänger zurückgehen. Im siebenten Jahrhundert begann die Spaltung der Muslime in Schiiten und Sunniten. Der Konflikt basiert auf den unterschiedlichen Ansichten um die Nachfolge des Propheten Mohammed.
Der Führer der Religion kann nach Ansicht der Sunniten unabhängig von seiner Abstammung gewählt werden. Er muss nur aus dem Stamme Mohammeds sein, eine Erbfolge verlangen sie nicht. Das ist auch der zentrale Unterschied zu den Schiiten.
Eine Abspaltung der Sunniten sind die Salafisten. Diese gehören einer urkonservativen Strömung des Islams an und sie wollen eine Gesellschaft errichten, die dem Ur-Islam des 7. und 8. Jahrhunderts entspricht. Die ISIS-Gruppe, welche sunnitisch ist, versucht eben diese salafistische Verhaltensvorschriften im Irak durchzusetzen.
Schiiten
Die Schiiten sind die Bevölkerungsmehrheit im Irak. 20 Millionen Menschen der 32 Millionen Iraker gehören dieser Ethnie an. Sie bilden die zweitgrößte Konfession des Islam.
Als legitimen Nachfolger des Propheten Mohammends sehen sie, im Gegensatz zu den Sunniten, den Schwiegersohn Mohammeds und vierten Kalifen, Ali ibn Abi Talib.
Die Mehrheit der Schiiten lebt im Südirak. Eine Besonderheit der schiitischen Lehre ist die Rolle des Imams. Er ist der oberste Führer einer Gemeinde und weltlicher Vertreter Mohammeds, von dem er abstammen muss. Sie sind wie der Koran eine Lehrinstitutions des islamischen Glaubens. Diesen Anspruch hat ein Imam bei den Sunniten nicht – ein Punkt, der zu Konflikten zwischen Schiiten und Sunniten führt. Auch die unterschiedlichen Ansichten zur Erbfolge des Propheten Mohammeds und historisch gefestigte Vourteile tragen zum Konflikt bei sowie der Vorwurf der Schiiten, dass die Sunniten den Koran gefälscht haben.
Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten
Unter dem sunnitischen Diktator Saddam Hussein wurden die Schiiten im Irak diskriminiert. Nach dem Sturz Saddam Husseins 2003 verloren die Sunniten immer mehr an Macht und Einfluss. Der Machtkampf zwischen Schiiten und Sunniten brach nach dem Abzug der US-amerikanischen Truppen 2011 erneut los und erreicht mit der aktuellen ISIS-Offensive seinen Höhepunkt.
Kurden
Die Kurden leben zum großen Teil in vier Staaten: Türkei, Iran, Irak und Syrien. Mit 35 Millionen Menschen sind sie weltweit das größte Volk ohne eigenen Staat. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Siedlungsgebiet der Kurden im Osmanischen Reich aufgelöst. Im Friedensvertrag von Sèvres wurde 1920 eine Unabhängigkeit Kurdistans vorgesehen. Durch die Entdeckung von Erdöl im Kurdengebiet kam es dazu jedoch nie. Seitdem kämpfen die Kurden für ihre Unabhängigkeit und gegen die Unterdrückung und Diskriminierung ihres Volkes.
Mit der irakischen Verfassung 2005 wurde die Autonomie der Region Kurdistan anerkannt. Diese besteht aus drei Provinzen, in denen die Kurden die Mehrheit bilden. Seitdem haben die irakischen Kurden eine eigene Regierung. Allerdings steht diese im ständigen Konflikt mit der Zentralregierung in Bagdad. Größter Konfliktpunkt sind dabei die Ölvorkommen und deren Export aus der Region Kurdistan.
Jedoch verbessert sich die politisch-strategische Lage der irakischen Kurden aufgrund der derzeitigen Konflikte zwischen Schitten und Sunniten stark. Ein unabhängiger Staat Kurdistan wird so realistischer als je zuvor.