Jahrestag der Gezi-Proteste
In wenigen Wochen wählen die Menschen in der Türkei einen neuen Präsidenten. Lange Zeit schien es so, als gäbe es für Recep Tayyip Erdogan, der das Land seit mittlerweile 15 Jahren regiert, keine echte Konkurrenz. Doch glaubt man Medienberichten, ist das Rennen um die Präsidentschaft doch noch längst nicht gelaufen.
Dass sich in diesen Tagen die Gezi-Proteste zum fünften Mal jähren, passt da ins Bild. Denn damals entwickelte sich aus dem lokalen Widerstand gegen ein Bauprojekt im Istanbuler Gezi-Park eine landesweite Protest-Bewegung gegen Erdogans Regierung.
Visuell erinnert heute im Stadtzentrum von Istanbul rund um den Gezi-Park nicht mehr viel an diese Massenproteste von vor fünf Jahren. Die Leute erinnern sich aber natürlich. Weil Gezi für die Menschen, die Teil der Bewegung waren, eine Hoffnung war, eine Hoffnung auf eine andere Türkei. – Julia Hahn, Türkei-Korrespondentin der Deutschen Welle
Gezi-Veteranen hoffen auf Veränderung
Millionen Menschen sind damals in der ganzen Türkei auf die Straße gegangen. Vielerorts antwortete die Polizei mit Gewalt: Acht Menschen starben während der Proteste, tausende sind verletzt worden. In der Folge der Massenproteste entstanden neue Parteien, Interessensverbände und Vereine.
Viele, die damals an den Gezi-Protesten teilgenommen hatten, hoffen nun auf eine Wiederbelebung des „Geistes von Gezi“. Die aktuelle Talfahrt der türkischen Lira dürfte ihre Hoffnung auf Veränderung befeuern. Denn angesichts steigender Preise und Arbeitslosenzahlen gerät Erdogans AK-Partei im Wahlkampf zunehmend in die Defensive.
Welche Bedeutung die Bewegung heute noch hat und was das für die anstehende Präsidentschaftswahl bedeutet, erklärt Julia Hahn im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer. Julia Hahn ist die Türkei-Korrespondentin der Deutschen Welle und lebt und arbeitet in Istanbul.