Vor genau zehn Jahren hat der Westen China das Tor in die globalisierte Welt geöffnet: China ist der WTO beigetreten. China ist im 21. Jahrhundert angekommen – und das sehr schnell. Heute stellt sich mehr denn ja die Frage: Verstehen wir mittlerweile den Giganten?
Ihn, der ungebremsten Turbokapitalismus auf kommunistischen Fundamenten errichtet. Dessen Rolle, je nach Parkett, bis heute zwischen Entwicklungsland und Wirtschaftsmacht changiert. Dessen 1,3 Milliarden Einwohner sich nicht mehr verstehen: weil die traditionellen Werte der Alten ins geldfixierte Wertesystem der jungen, gut ausgebildeten Chinesen nicht übersetzt werden konnten. Stand der Westen dem Reich der Mitte vor vierzig Jahren noch mit einer Mischung aus Angstempfinden und Langzeithoffnungen gegenüber, erkennt er heute eine reale Weltmacht: die Optionen hat, und diese auch ausspielt.
Kein Land ist derart präsent in unserem Alltag – und gleichzeitig derart unverstanden. Ganze Produktwelten werden dort fabriziert. Kein Nachrichtentag ohne China-Meldungen zu Wirtschaft, Menschenrechten, Technologien, Rüstung. Und jedes Mal wieder ertappen wir uns bei dem reflexhaften Gedanken: wie kann das sein? Wie kann China das tun? Dahinter steckt ein tieferes Missverständnis, als wir uns eingestehen wollen. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: Was dort passiert und warum, können wir meist nicht adäquat einordnen.
Es sind gewaltige Umbrüche, die im Reich der Mitte gleichermaßen Ängste und Hoffnungen hervorgebracht haben. Und deren Lösung nicht nur Chinas Schicksal bestimmt. Wir, der Westen, müssen einen Weg finden, China besser zu verstehen – keine leichte Aufgabe. Die Weltordnung hat ihren Umbruch bereits hinter sich. Das interkulturelle Verständnis nicht. Unser Themenschwerpunkt soll keine wirtschaftliche Bilanz ziehen. Es sucht blinde Flecke und die Stolpersteine, die ein Verständnis erschweren. Er soll uns den Spiegel vorhalten und helfen, ein wenig hinter diesen zu schauen. Denn dahinter steht eine Weltmacht von morgen.
Folge 1 | Die große Wirtschaftsmacht: Bedrohung oder Chance?
Unfassbares Wachstum prägt die chinesische Wirtschaft. In nur vier Jahrzehnten hat sich das Land zum Giganten gemacht. Millionenstädte sprießen wie Pilze aus dem Boden. Chinas Devisenreserven an Euro und Dollar übersteigen jede Vorstellungskraft. Wir können nicht mehr ignorieren, dass China die Wirtschaftsmacht des 21. Jahrhunderts ist. Doch was heißt das für uns? Können wir mitwachsen oder werden wir abgehängt? Und wie kann China das rasante Wachstum verkraften?
Folge 2 | Chinesische Kultur und Lebensverständnis
China könnte uns wohl kaum fremder, ferner sein. Woran das liegt, das wollen wir im 2. Teil betrachten. Es geht um Ausbildung, um Mentalität und Kultur. Den harten Drill chinesischer Eltern, die umständliche Indirektheit der Chinesen und ihren ausgeprägten Sinn für Hierarchie verstehen wir oft nicht. Warum aber? Wie ticken die Chinesen?
Folge 3 | Chinesische Politik zwischen Gestern und Morgen
Zentralafrika, Nordkorea, Pakistan – China. Spricht man über Diktaturen im 21. Jahrhundert, so hat auch China ganz bestimmt seinen Platz auf dieser Liste. Das Reich der Mitte gilt gemeinhin als Polizeistaat, in dem die Macht einzig und allein in den Händen einer Partei liegt. Eine Partei, so groß wie Deutschland! Millionenstädte, Medienzensur und Ein-Kind-Politik – und doch ist Chinas Politik fortschrittlicher und weltoffener, als wir oft meinen.
Folge 4 | Weltmacht der Gegensätze – Chinas Gesellschaft
Wohlstand und Armut, Überfluss und Existenzminimum – China ist auch eine Weltmacht der Gegensätze. Der fulminante, wirtschaftliche Aufstieg der Volksrepublik hat eine Kluft zwischen Arm und Reich heraufbeschworen, die immer weiter auseinander klafft. Die Gegensätze in China nehmen immer weiter zu – und damit auch das Potential für soziale Unruhen. Erleben wir in China vielleicht bald einen „chinesischen Frühling“ nach arabischem Vorbild? Oder kann die Regierung die Brände noch rechtzeitig löschen?
Folge 5 | Menschenrechte in China
Hausarrest, Arbeitslager, Folter – Regimekritiker zahlen in China nicht selten einen hohen Preis für ihre offene Meinung. Die Schicksale von Ai Wei Wei oder Lui Xiaobo gingen um die Welt. Öffentliche Meinung unterliegt der Zensur, das Internet steht unter Generalverdacht. Das Bild Chinas als einer rechtsfreien Zone verhärtet sich im Westen immer mehr – und die Chinesen selbst scheinen unbeeindruckt zu schweigen. Doch ist es so einfach? Ist die Lage in China tatsächlich so dramatisch, wie sie sich in hiesigen Medien präsentiert? Und wie sollte sich der Westen in Zukunft zu den Menschenrechtsverletzungen in China positionieren?
Abschluss | China im 21. Jahrhundert – Ein Kommentar
China ist uns fern – nicht nur geographisch. Eines wurde für Franziska Hendreschke, die die Serie „China im 21. Jahrhundert“ begleitet hat, deutlich: wir wissen nicht genug voneinander. Nach monatelangem lesen, Expertengesprächen und Interviews: was ist ihr Fazit nach monatelanger Auseinandersetzung mit China?
Hinweis: Sie finden auf dieser Übersicht die kompletten Audios – die Links führen zu den jeweiligen Einzelartikeln der Serie.