Die Not ist so groß wie nie
Die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, ist so groß wie noch nie. 125 Millionen Menschen können sich nicht selbst mit dem Nötigsten versorgen: sauberem Wasser, Nahrung oder Kleidung. Weitere 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon hat deswegen zum ersten Mal in der Geschichte der Organisation zu einem UN-Nothilfe-Gipfel eingeladen. Mit drei Jahren Vorlauf haben in Istanbul 9000 Teilnehmer aus 173 Ländern über die Zukunft der humanitären Hilfe gesprochen.
Utopische Ziele
Politiker, Hilfsorganisationen, Unternehmen und Betroffene haben ehrgeizige Ziele verabredet. Geberstaaten sollen langfristigere finanzielle Mittel zusagen und lokale Organisationen sollen mehr Verantwortung bekommen. Statt erst im Notfall einzugreifen, wollen die Vereinten Nationen öfter auf Konfliktprävention setzen.
Merkel: „(…) eine Katastrophe, dass wir darüber sprechen müssen, dass das Völkerrecht eingehalten werden muss.“https://t.co/CbGD2TQt4m
— BR24 (@BR24) 23. Mai 2016
Diese Ziele scheinen angesichts der aktuellen humanitären Lage vielen Beobachtern utopisch. Schon die Grundlagen des Völkerrechts würden nicht eingehalten, beklagte Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Rede in Istanbul. Immer häufiger würde in bewaffneten Konflikten keine Rücksicht auf Zivilisten genommen. In Syrien wird zum Beispiel mehreren Konfliktparteien vorgeworfen, Krankenhäuser bombadiert zu haben.
Nothilfe als Spielball der Politik
Wie glaubwürdig die Ankündigungen dieses Nothilfe-Gipfels sind, wird erst die Zeit zeigen. – Politikwissenschaftler Jörn Grävingholt
Dass finanzielle Zusagen nicht immer eingehalten werden, zeigt die jüngste Syrien-Geberkonferenz. Im Februar hat die Staatengemeinschaft fast sechs Milliarden Euro für Projekte in Syrien zugesagt. Nur ein Bruchteil davon ist allerdings bis jetzt auch wirklich ausgezahlt worden.
Braucht es eine Reform der humanitären Hilfe? Über die Debatten und Ergebnisse des UN-Nothilfegipfels in Istanbul hat detektor.fm-Moderator Konrad Spremberg mit Jörn Grävingholt vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik gesprochen.