Viktor Orban ist ein „Autokrat“ und „Europazerstörer“, so der bayerische SPD-Landtagschef Markus Rinderspacher. In einem offenen Brief an die Landtagspräsidentin Barbara Stramm bemängelt er, dass man dem ungarischen Ministerpräsidenten den bayerischen Landtag nicht als Bühne geben dürfe. Denn in diesen hat das ungarische Konsulat Orban für eine Rede zum 60. Jahrestag des ungarischen Aufstands gegen die Sowjetherrschaft eingeladen.
Mit seiner Kritik gegenüber Orban steht Rinderspacher nicht allein, denn Orban ist in der Europäischen Union umstritten. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn schlägt sogar vor, Ungarn temporär oder gleich dauerhaft aus der EU auszuschließen. Das Land ist in den sechs Jahren unter Viktor Orban und seiner nationalkonservativen Partei „FIDESZ“ deutlich autoritärer geworden.
Repressionen und Zentralisierung in Ungarn
Seit seiner Amtseinführung hat Viktor Orban Ungarn massiv verändert. So wurden die Kompetenzen des Verfassungsgerichts stark beschnitten. Das bedeutet beispielsweise, es darf nur noch verfahrensrechtliche, aber nicht mehr inhaltlich prüfen. Der staatliche Einfluss auf Hochschulen ist stark ausgebaut worden und in privaten Medien kann man kaum noch Wahlwerbung schalten.
Außerdem kontrolliert nun die Medienaufsichtsbehörde „NMHH“ die öffentlich-rechtlichen Medien in Ungarn. Gegenüber privaten Medien kann diese nach eigener Maßgabe Bußgelder verhängen. Die Kriterien dafür sind ausgesprochen schwammig. So müssen Medien „ausgewogen berichten“ oder dürfen die „menschliche Würde“ nicht verletzen.
Aufgrund dieser Veränderungen kämpfen viele regierungskritische Medien schon länger um ihr überleben. Zuletzt hat die oppositionelle Zeitung „Népszabadság“ ohne Vorwarnung ihren Betrieb eingestellt. Es wird spekuliert, dass sie an einen Unterstützer Viktor Orbans verkauft werden soll.
Orban als Europas Schmuddelkind?
Die Reformen in Ungarn haben dem Ansehen des Landes ziemlich geschadet. Der Regionalbericht 2016 des Bertelsmann Transformations Index beschreibt Ungarn als „defekte Demokratie“. Er bemängelt unter anderem, dass der ungarischen Bevölkerung die Teilnahme an der Wahl erschwert werde und sich die regierende FIDESZ-Partei durch Änderungen im Wahlsystem ihre Zweidrittelmehrheit sichert.
Die ungarische Polizei durchsuchte vor zwei Jahren die Büros von zwei Nichtregierungsorganisationen und es wurde eine Liste „problematischer ziviler Organisationen“ erstellt. Auf dieser finden sich unter anderem Transparency International Ungarn und verschiedene Organisationen, die für die Rechte Homosexueller eintreten.
Ist Ungarn noch eine Demokratie und was bedeutet Orbans Politik für europäische Politik, darüber hat detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf mit der Politikwissenschaftlerin Klaudia Hanisch vom Institut für Demokratieforschung Göttingen geredet.