Knapp zwei Monate sind vergangen, seitdem der Bundestag über die Armenien-Resolution abgestimmt hat. Mehrheitlich bekennt er sich zur deutschen Mitverantwortung und bezeichnet die Gräueltaten an den Armeniern als „Völkermord“. Ein grausamer Teil der deutschen Geschichte, der leider nicht einzigartig ist. Auch das Massaker an den namibischen Herero zwischen 1904 und 1908 bleibt ein schweres Erbe.
Man kann dann aber nicht so tun, als hätte in Namibia oder im damaligen Deutsch-Südwestafrika nun gar nichts stattgefunden. – Andreas Eckert, Professor für Afrikanische Geschichte
Zunächst hat Deutschland stets betont, die „historischen Ereignisse“ in Namibia könnten erst seit Inkrafttreten der UN-Völkermord-Konvention 1951 als Genozid eingestuft werden. Dann hat der Sprecher des Auswärtigen Amtes vor einem Jahr bekannt: „Der Vernichtungskrieg in Namibia von 1904 bis 1908 war ein Kriegsverbrechen und Völkermord.“ Ihm folgt nun auch die Bundesregierung. In der Antwort auf eine Anfrage der Linken bezeichnet nun auch sie erstmals die Massaker offiziell als Genozid.
Als Deutschland Kolonialmacht sein wollte
Zwischen 1884 und 1915 besetzen Deutsche Kolonialtruppen das heutige Namibia – damals noch „Deutsch-Südwestafrika“. Die Siedler nehmen den einheimischen Stämmen Schritt für Schritt nicht nur ihre Rechte, sondern auch ihren fruchtbaren Boden weg. Als sich die Herero dagegen auflehnen, kommt es zum Vernichtungskrieg durch die Deutschen Kolonialisten. Von den ursprünglich 60.000 bis 80.000 Hereros überleben nur rund 16.000.
Die Aufarbeitung des Völkermordes ist in Namibia ein umstrittenes Thema. Im Land leben zahlreiche Familien, die sich auch heute noch intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Immer noch gibt es Nachfahren der Deutschen – einige ihrer Groß- oder Urgroßmütter etwa sind Vergewaltigungsopfer deutscher Offiziere gewesen.
Bereits seit längerem laufen zwischen Namibia und Deutschland Verhandlungen. Auf namibischer Seite sind es ausschließlich Regierungsvertreter, die an den nicht-öffentlichen Verhandlungen teilnehmen. Das kritisieren vor allem Nachfahren von Opfern.
Meiner Meinung nach sollten die Menschen, die den Schmerz fühlen, auch Teil der Verhandlungen sein. – Johanna Kahatjipara
Voraussichtlich keine finanzielle Entschädigung
Rechtliche Konsequenzen aus der offiziellen Bezeichnung „Völkermord“ schließt die Bundesregierung aus. Eine finanzielle Entschädigung soll es voraussichtlich auch nicht geben. Geplant sind dagegen eine deutsch-namibische „Zukunftsstiftung“ und Investitionen in neue Projekte wie Meerwasser-Entsalzungsanlagen.
Auch wenn die Nachfahren der Opfer wohl direkt kein Geld von der Bundesregierung bekommen, gibt die Anerkennung als Völkermord Anlass zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus – ein Thema, was bisher oft im Hintergrund geblieben ist.