Theresa May: Mehrheit verzockt
Theresa May hat die schlechten Umfragewerte der Labour Party nutzen wollen, um ihre eigene Partei, die Conservative Party, mit noch mehr Sitzen auszustatten. Sie wollte gestärkt in die Brexit-Verhandlungen mit der EU gehen – so war zumindest der Plan.
Wie es mittlerweile Tradition ist, haben die Briten an der Wahlurne wieder alle überrascht: die Konservativen verlieren 12 Sitze und damit auch die absolute Mehrheit, für die sie mindestens 327 Sitze hätten besetzen müssen. Im Endergebnis sind es 318. Und Jeremy Corbyn und seine Labour Party? Die schließt auf zu den Konservativen, gewinnt 31 Sitze dazu und liegt jetzt bei 261. Kurzum: Theresa May hat sich gehörig verzockt.
May will trotzdem regieren
Als sich das desaströse Ergebnis der Tories abzeichnete, wurde in London bereits darüber gemunkelt, dass May den Hut nehmen würde. Einen ersten Pressetermin am Vormittag ließ sie sausen, fuhr stattdessen direkt zum Buckingham Palace, um bei der Queen vorstellig zu werden. Dort bat sie darum, eine neue Regierung bilden zu können. Erst danach wandte May sich an die Öffentlichkeit.
„An die Arbeit jetzt“, gab sie etwas zerknirscht als Parole aus – und muss sich nun einen Koalitionspartner suchen. Erste Gespräche soll es bald mit der konservativen Democratic Unionist Party (DUP) aus Nordirland geben. Das bestätigte auch deren Vorsitzende Arlene Foster.
I have spoken with the PM. We will enter discussions with the Conservatives to explore how we can help bring stability to our nation. pic.twitter.com/sTjTwJDbKU
— Arlene Foster (@DUPleader) 9. Juni 2017
Conservatives are not amused
Viele Tories sind sauer. Sie machen Theresa May und ihren Wahlkampf für den deutlichen Stimmverlust verantwortlich. Es gibt auch Zweifel daran, dass Theresa May den angekündigten „harten Brexit“ überhaupt aushandeln kann.
May will die Verhandlungen über den EU-Austritt trotzdem am 19. Juni aufnehmen – wie aus Brüssel vorgeschlagen. Doch kann sich sie sich politisch lang genug halten, um den EU-Austritt abzuwickeln?
Das Wahldesaster der britischen Konservativen, die Rückkehr von Labour und Jeremy Corbyn – und Fragezeichen hinter den Brexitverhandlungen. Wir haben in London den Politologen Anthony Glees von der Buckingham University angerufen und die Ergebnissen von ihm einordnen lassen.