Fünf Jahre statt vier
Was wäre los, wenn die Fußballweltmeisterschaft nur noch alle fünf Jahre stattfinden würde? Wahrscheinlich würde dann Fifa-Präsident Sepp Blatter innerhalb von Tagen aus dem Amt gejagt werden und zwar schneller als der FC Bayern wieder deutscher Meister werden könnte. Ganz so groß ist die Aufregung über Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nicht. Lammert sitzt schon mehr als die Hälfte seines Lebens im Bundestag. Er möchte, so bald wie möglich, die Wahlperiode des Parlaments um ein Jahr verlängern, Bundestagswahlen gäbe es dann seltener. Aber ist so ein kleines Jährchen mehr oder weniger denn überhaupt wichtig?
Zu wenig Zeit oder zu wenig Demokratie?
Befürworter der Fünf-Jahres-Legislatur führen an, dass die Zeit, in der tatsächlich regiert wird, viel zu kurz sei: effektiv habe man zwischen Vorbereitung und Wahlkampf nur ungefähr zweieinhalb Jahre, in denen tatsächlich regiert werde. Mit längeren Abständen zwischen den Wahlen könnten mutigere und planungsintensivere Entscheidungen angegangen werden. Hier sieht zum Beispiel die Opposition ein Defizit des Vorschlags: je seltener gewählt werden würde, desto seltener hätte das Volk die Möglichkeit seinem politischen Willen Ausdruck zu verleihen – dem Kurs der Regierung zuzustimmen oder zu widersprechen würde somit erschwert.
Vorbild Landesebene
Um dieser demokratischen Schwächung des Wahlrechts entgegenzuwirken, beharrt die SPD auf einen Ausgleich der Souveränität: plebeszitäre Mittel könnten demnach dem Volk zusätzliche demokratische Mittel zur Verfügung stellen. Das käme der Praxis auf Landesebene gleich: hier sind fast überall bereits vor Jahren die Legislaturperioden von vier auf fünf Jahre angehoben worden. Um die demokratische Balance zu halten, sind dabei direktdemokratische Möglichkeiten verstärkt worden.
Lammert braucht absolute Mehrheit
Zusammen mit der Verlängerung der Legislaturperiode hat Lammert ebenfalls vorgeschlagen, die Zahl der Sitze im Bundestag neu zu regeln. Ein oft unentwirrbares Durcheinander von Überhangs- und Ausgleichsmandaten vergrößere den ohnehin umfangreichen Bundestag nur unnötig. Auch gelte es, die Machtverteilung im Parlament für den Wähler so durchsichtig und unkompliziert wie möglich zu halten. Die Koalitionsparteien halten jedoch offenbar nichts von diesem Vorschlag. So schnell dürfte aus diesem Teil von Lammerts Vorstoß also nichts werden: immerhin behinhaltet eine Änderung des Wahlrechts auch eine Änderung des Grundgesetzes.
Über Lammerts Reformvorschlag und die Position der verschiedenen Parteien hat detektor.fm-Moderator Alexander Hertel mit Frank Decker, Politikwissenschaftler an der Universität Bonn, geredet.
Redaktion: Carsten Jänicke, Richard Hees