Gesichtserkennung – einmal lächeln bitte
Am Bahnhof Berlin-Südkreuz startet ein bislang einzigartiges Pilotprojekt der Vollüberwachung. Das Innenministerium will eine neue Gesichtserkennungssoftware zunächst mit 300 Probanden testen. Der Vergleich mit Daten weiterer Personen wird vorerst ausgeschlossen. Das Projekt läuft in Zusammenarbeit mit der Bahn und der Bundespolizei. Dafür hat die Bundespolizei drei verschiedene Systeme für insgesamt über 60.000 Euro gemietet.
Um welche Hersteller es sich handelt, teilt das Innenministerium derzeit noch nicht mit. Kritiker lehnen den Versuch ab. Sie befürchten eine generelle Überwachung.
Berlin-Südkreuz: Unendliche Möglichkeiten
Die intelligente Videoüberwachung in Berlin-Südkreuz kann aber noch mehr: Die Technik soll nicht nur Gesichter, sondern auch Gefahrensituationen erkennen. Weitere Versuche sollen das belegen. Das System filtert typische Verhaltensweisen heraus und springt darauf an. So entdeckt es beispielsweise herrenlose Koffer oder Taschendiebstähle.
Das sind nicht einfach nur Kameras, die da installiert werden – es sind im Prinzip Verhaltensscanner. Wie das genau abläuft, ist bis jetzt noch nicht klar. – Arne Semsrott, Frag den Staat
Ein großes Problem
Die biometrische Gesichtserkennung verstößt allerdings möglicherweise gegen das EU-Datenschutzrecht. Der Vergleich mit Daten ist derzeit nur mit Erlaubnis des Betroffenen zulässig oder aber wenn erhebliches öffentliches Interesse besteht. Schwere Straftaten wären beispielsweise so ein Fall. Wie man in Berlin mit dem Problem umgehen will, ist derzeit noch unklar. Das Innenministerium hat dazu noch kein Konzept vorgestellt.
Wenn automatisch Geräte erkennen können, wer sich an einem bestimmten Punkt aufhält, dann ist es mit der Anonymität direkt vorbei. – Arne Semsrott
Von den Machern wird argumentiert, dass eine Maschine die Daten vorher auswerte und eben nur relevante Daten übermittle. Rein rechtlich macht das allerdings keinen Unterschied: Mit sensiblen, personenbezogenen Daten müssen gerade Behörden besonders vorsichtig umgehen.
Welche Möglichkeiten und welche Risiken die Videoüberwachung mit Gesichtserkennung birgt, hat Arne Semsrott von Frag den Staat detektor.fm-Moderator Christian Bollert erklärt.
Redaktion: Barbara Butscher