Erst okkupiert, dann annektiert?
Eine 760 Kilometer lange Mauer umzieht den Streifen zwischen Israel und Jordanien. Seit dem Sechs-Tage-Krieg im Jahr 1967 dient sie als Grenze zu den ehemals palästinensischen Gebieten von Israel.
Die Frage nach einem unabhängigen Palästina steht offen – und ist der Kernpunkt des Nahost-Konflikts. Nun plant der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, das Westjordanland zu annektieren.
Die Lage ist momentan eine Mischung aus Verzweiflung und Empörung.
Bettina Marx, Büro-Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah

Netanjahus Entscheidung beruht auf sicherheitspolitischen Argumenten. Zudem gehöre das Territorium ohnehin zu Israel und eine Annexion sei religiös gerechtfertigt.
Westliche Konflikt-Lösungsansätze
2002 haben Deutschland, Russland, die USA und Großbritannien einen Bericht zu einer Zwei-Staaten-Lösung vorgestellt. Der Bericht definiert, wie die besetzten Gebiete einvernehmlich und fair unter Israel und Palästina aufgeteilt werden könnten. Auch für Jerusalem sieht der Bericht eine Lösung vor – es soll die Hauptstadt beider Länder werden.
Grundsätzlich ist Israel verpflichtet, den Status quo nicht dauerhaft zu verändern und keine vollendeten Tatsachen zu schaffen
Anne Peters, Direktorin am Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht

Trotz aller Schlichtungsversuche plant Netanjahu einen Teil des Westjordanlands dem israelischen Recht zu unterstellen. Unterstützung erhält Netanjahu aus den USA. US-Präsident Donald Trump hat zu Beginn des Jahres die Annexion der ehemaligen palästinensischen Gebiete gebilligt.
Von der UN gibt es dagegen harte Kritik:
Wenn die geplante Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlandes umgesetzt wird, dann ist das eine ernste Verletzung des Völkerrechts, beschädigt schwer die Aussicht auf eine Zwei-Staaten-Lösung und verhindert neue Verhandlungen.
Arne Molfenter, Pressesprecher der UN-Deutschland

Deutschland, Frankreich, Ägypten und Jordanien warnen vor den völkerrechtlichen Folgen einer möglichen Annexion. Aber wie könnten diese Folgen aussehen?
Darüber, wie eine Annexion völkerrechtlich einzuschätzen ist, spricht detektor.fm-Moderator Yannic Köhler mit Anne Peters, Völkerrechtlerin und Direktorin des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht. Wie die Folgen für die politische Stabilität in der Region aussehen könnten, erklärt Bettina Marx, Büro-Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah.