Antisemitismus: Wenn Eliten im Hintergrund lenken
Jegliche Form von Judenfeindlichkeit fällt unter den Begriff des „Antisemitismus“. Grob bedeutet das, dass die Existenz jüdischer Menschen zur Ursache aller Probleme gemacht wird. Um sie kursieren daher viele negative Stereotype und Verschwörungserzählungen. So sollen Jüdinnen und Juden zum Beispiel als angebliche Wirtschaftseliten im Geheimen das Weltgeschehen steuern. Indem so vor allem einer gesellschaftlichen Gruppe „das Böse“ zugeschrieben wird, wird die Komplexität einer Gesellschaft vereinfacht.
In der Vergangenheit wurden antisemitische Weltanschauungen vor allem von rechtsextremem Gruppierungen verbreitet – sie sind allerdings in der gesamten Gesellschaft vertreten, auch in der linken Szene. Dort ist beispielsweise der Antisemitismus der Frühsozialisten, der Arbeiterbewegung im 19. und 20. Jahrhundert, gut dokumentiert.
Vereinfachte linke Kritik
Kapitalismuskritik, Imperialismuskritik oder kompromisslose Parteinahme für die Palästina: Das sind unter anderem Themen aus linken Kreisen, bei denen die Gefahr besteht, Probleme zu verkürzen oder zu personifizieren. Antisemitische Denkweisen können dort gut anknüpfen. So kann es dazu kommen, dass auf linken G20-Protesten in Hamburg 2017 eine Krake mit Hakennase und kleiner Brille die sozialen Netzwerke „kontrolliert“. Solche satirischen Darstellungen bedienen sich antisemitischer Stereotype, indem sie auf die jüdische Weltmacht anspielen. Und das, obwohl sie eigentlich den Kapitalismus kritisieren sollen.
Dr. Sina Arnold ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusforschung. Mit ihr haben wir bei Zurück zum Thema über den Ursprung und die Ausprägungen von linkem Antisemitismus gesprochen. Außerdem fragen wir Monty Ott, wie er sich als jüdische Person in der linken Szene fühlt. Er hat Keshet Deutschland e. V. mitgegründet, einen Verein, der sich für homosexuelle Jüdinnen und Juden einsetzt.