Droht eine humanitäre Katastrophe?
Die Situation der Menschen in Bergkarabach (nach armenischer Bezeichnung: Arzach) spitzt sich weiter zu: Seit Dezember 2022 ist die Region weitgehend abgeschnitten von Lebensmittelzufuhren und medizinischer Versorgung.
Beobachterinnen und Beobachter berichten von Hungersnot, gestiegenen Fehlgeburten bei Schwangeren in der Region und unzureichender medizinischer Versorgung. Die Strom- und Gasversorgung sollen schon seit mehreren Monaten unterbrochen sein, auch das Benzin wird knapp. Im August wurde bekannt, dass ein 40-jähriger Mann an Unterernährung gestorben sei.
Die Einwohnerinnen und Einwohner der Region fürchten, Aserbaidschan wolle sie aushungern und vertreiben. Auch armenische Vertreter werfen Aserbaidschan vor, den Hunger als Waffe im Konflikt einzusetzen.
Bergkarabach: Seit Jahrzehnten umkämpft
Der aktuelle Konflikt reicht weit zurück: Mit Ende der Sowjetunion erklärte sich die Region für unabhängig — völkerrechtlich zählt sie zu Aserbaidschan. In dem Gebiet leben aber vor allem Armenier und Armenierinnen. Schätzungen gehen von 120.000 Menschen aus.
Seit den 1990er-Jahren kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den beiden Ländern um Bergkarabach. Zuletzt ist der Konflikt 2020 eskaliert. Seither war die Region für Armenien nur noch über einen Zugang erreichbar, den Latschin-Korridor. Diesen blockiert Aserbaidschan aber seit rund acht Monaten. Armenien erwägt, Bergkarabach an Aserbaidschan abzugeben — die dortige Bevölkerung befürchtet, das könne ihre Situation weiter verschlechtern.
Wie geht es den Menschen in Bergkarabach? Und droht wirklich ein Völkermord? Darüber spricht detektor.fm-Moderator Gottfried Haufe in der aktuellen Folge von „Zurück zum Thema“ mit Anna Aridzanjan. Sie ist Journalistin, stammt aus Armenien und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Konflikt um Bergkarabach.