Ortskräfte bleiben zurück
Zwei Jahrzehnte lang ist die Bundeswehr in Afghanistan stationiert gewesen. Bei ihrem Einsatz hat sie Unterstützung von tausenden Afghanen und Afghaninnen bekommen. Mittlerweile sind alle deutschen Soldaten und Soldatinnen abgereist – viele ihrer Helfer und Helferinnen aber bleiben in Afghanistan zurück. Wer direkt bei der Bundeswehr angestellt war, hat nun die Chance auf ein Visum. Wer hingegen bei einem örtlichen Anbieter beschäftigt war, hat deutlich schlechtere Chancen. Für die Arbeit in Afghanistan hat dieses Detail kaum eine Rolle gespielt, jetzt aber entscheidet es womöglich über Leben und Tod. Denn die Taliban, die sich wieder ausbreiten, sehen alle Ortskräfte gleichermaßen als Verräterinnen und Verräter an.
Afghanistan: Taliban rücken vor
Die Bundesrepublik holt einige ihrer ehemaligen Helferinnen und Helfer aktuell nach Deutschland, etwa 190 Ortskräfte sind bis dato mit ihren Familien hier gelandet. Insgesamt gibt es aber öffentliche Kritik: Es werde zu wenig getan, alles laufe zu langsam. Derweil rücken die Taliban in immer mehr Gebiete in Afghanistan vor. Wer sich in ihren Augen mit dem Feind verbündet hat, schwebt in Lebensgefahr. Muss Deutschland also mehr tun?
Dass man die ehemals Verbündeten zurücklässt, ist kein rein deutsches Phänomen. Auch die USA bieten spezielle Visa für die Ortskräfte ihres Militärs an, aber nicht für alle. 18 000 Afghaninnen und Afghanen hatten den Vereinigten Staaten im Kampf gegen die Taliban geholfen, 11 000 Visa werden zur Verfügung gestellt.
Muss Deutschland mehr Verantwortung übernehmen? Darum geht es in dieser Folge von Zurück zum Thema. detektor.fm-Moderatorin Amelie Berboth hat darüber mit dem Soldaten Marcus Grotian gesprochen, der selbst in Afghanistan gedient hat. Außerdem hat sie mit der Journalistin Silke Diettrich gesprochen.