Anklage auf Grundlage der Genozid-Konvention
Im niederländischen Den Haag hat es dieser Tage eine Weltpremiere gegeben: Der Staat Israel ist zum ersten Mal an einem zwischenstaatlichen Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) der Vereinten Nationen beteiligt. Normalerweise vermeidet es Israel, sich der Rechtsprechung internationaler Gerichte zu unterwerfen — so wie etwa auch die USA, Russland oder China. Da das Land aber die Genozid-Konvention der Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust unterzeichnet hatte, gibt es hier eine Ausnahme. Alle Vertragsparteien der Konvention haben sich der Rechtsprechung des IGH unterstellt.
Schwerwiegende Vorwürfe Südafrikas
Das Verfahren hatte dabei Südafrika eingeleitet. Die Vorwürfe der südafrikanischen Seite sind schwerwiegend: Die Taten der israelischen Armee in Gaza, in Verbindung mit den Aussagen wichtiger israelischer Politiker, seien klare Anzeichen eines Völkermords und damit eines Verstoßes gegen die Genozid-Konvention. Das Problem dabei ist, das die Straftat Völkermord sowohl aus einer Tat als auch auf einer konkreten Absicht hinter der Tat besteht. Die Absicht muss es dabei sein, eine bestimmte religiöse, ethnische oder auch nationale Gruppe zu zerstören.
Israel hat bereits seit Beginn der Gegenoffensive nach den Terroranschlägen der Hamas am siebten Oktober betont, so schonend wie möglich in der Offensive in Gaza vorzugehen. Der einzige erklärte Gegner Israels sei dabei die Hamas, nicht die Bevölkerung Gazas.
Worum es in der Verhandlung vor dem Internationalen Gerichtshof genau geht und welche Auswirkungen eine Entscheidung des IGH für den weiteren Verlauf der Offensive gegen die Hamas haben könnte, bespricht detektor.fm-Moderator Lars Feyen mit Dr. Andreas Kulick, Völkerrechtler an der Universität Tübingen.