Justizreform im Sinne Netanjahus
Die in Teilen rechtsextreme israelische Regierung um den Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu arbeitet an einer großen Justizreform. Ein Gesetz dazu ist von der Knesset, dem israelischen Parlament, auch schon verabschiedet worden. Das sogenannte „Lex Netanjahu“ sieht vor, dass Ministerpräsident:innen Israels nur bei gesundheitlichen Problemen dem Amt enthoben werden können. Das könnte vor allem dem amtierenden Ministerpräsidenten selbst entgegenkommen. Denn der ist wegen Betrug, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Doch dank des neuen Gesetzes müsste der Premier auch bei einer Verurteilung nicht zurücktreten. Die weiteren Vorteile der noch zu beschließenden Gesetze wären für die regierende Partei enorm: Das Parlament könnte Entscheidungen des obersten Gerichts mit einer einfachen Mehrheit kippen. Zudem hätte die Regierung mehr Einfluss auf die Wahl der Richter:innen.
Landesweite Proteste
Seit Monaten regt sich in großen Teilen der Bevölkerung Widerstand gegen die Justizreform. Zehntausende Menschen sind auf die Straßen geströmt, um gegen die umstrittenen Pläne der Regierung zu protestieren. Dabei stehen sich linke und rechte Israelis gegenüber, teils aber kämpfen sie auch Seite an Seite gegen die Reformen. Die Proteste haben die Regierung zum Handeln gedrängt: Nun hat Netanjahu bekannt gegeben, die Justizreform zu vertagen und mit der Opposition verhandeln zu wollen. Nach einer Parlamentspause soll die Debatte weitergehen. Frühestens Ende April wird das Gesetzesvorhaben im Parlament zur Abstimmung vorgelegt. Unabhängig davon, ob die Reform durchgesetzt wird oder nicht, das Land steckt in einer Krise.
Ob die Demokratie Israels durch die geplante Justizreform gefährdet ist, darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Sophie Warmbrunn mit der Nahost-Korrespondentin Mareike Enghusen. Sie berichtet für verschiedene Medien über die Justizreform und ist vor Ort in Tel Aviv. Der Geschichtswissenschaftler Daniel Mahla erklärt in der Folge die Hintergründe der geplanten Reform. Mahla ist Koordinator des Zentrums für Israel-Studien an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur.