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Zurück zum Thema | Kirchenrecht

Sollte das Kirchenrecht abgeschafft werden?

Für die katholische Kirche und andere Religionsgemeinschaften gilt neben dem staatlichen Recht auch noch ein eigenes Kirchenrecht. Wie funktioniert das und welchen Einfluss hat es?

„Zurück zum Thema“ bei Daily Drive

Kirchenrecht: eine Paralleljustiz?

Das Kirchenrecht bezieht sich auf die römisch-katholische Kirche. Auch die evangelische Kirche hat ein Recht, dieses hat sich seit der Reformation aber unabhängig weiterentwickelt und wird Kirchenordnung genannt. Das Kirchenrecht, wie es die katholische Kirche heute kennt, ist erstmals im Jahr 1917 verfasst worden. Die heute gültige Version wurde im sogenannten Zweiten Vatikanischen Konzil 1983 abgesegnet. Das Ziel des Kirchenrechts ist der Vollzug und die Ordnung der kirchlichen Gemeinschaft.

In der heutigen Zeit kann die Kirche nur Urteile verhängen, die sie ohne die Hilfe des Staates ausüben kann. Sie kann also ihre Mitglieder unter anderem von den kirchlichen Sakramenten ausschließen. Für Priester und andere Amtsinhaber ist die höchstmögliche Strafe die Entlassung aus dem Klerikerstand. Das Kirchenrecht fungiert dabei als ein Zusatz zur staatlichen Justiz, denn nur diese darf im Fall eines Schuldnachweises Haftstrafen verhängen.

Rechtslage bei Sexualstraftaten

Im Kirchenrecht gilt nicht die betroffene Person als Opfer einer Straftat, sondern die katholische Kirche selbst. Deshalb treten die Betroffenen vor kirchlichen Gerichten als Zeugen und Zeuginnen auf, die kein Recht auf eine eigene Klage oder eine Nebenklage haben. Dies erschwert die Anklage vor einem weltlichen Gericht, da die Opfer oft bereits mit der Kirche zusammenarbeiten müssen und dabei möglicherweise beeinflusst werden. Grundsätzlich fallen aber alle Straftaten unter das staatliche Recht, unabhängig davon, ob der Täter von der Kirche bereits verfolgt oder sogar nach Kirchenrecht bestraft worden ist. Da ist es dann auch die geschädigte Person, die klagt.

Rechtssicherheit, Gleichheit vor dem Gesetz und Gewaltenteilung sind alles Kernelemente eines liberalen Rechtsstaates, die die katholische Kirche nicht kennt. Deswegen konnte das überhaupt passieren, dass ein Bischof einfach so davonkam, obwohl er sich nicht an kirchliches Recht gehalten hat.

Prof. Georg Essen, Humboldt-Universität zu Berlin

Prof. Georg Essen, Humboldt-Universität zu BerlinFoto: M. Heyde / HU Berlin

Auch darüber hinaus hat die rechtliche Sonderstellung der katholischen Kirche einen Einfluss auf den Alltag von Menschen, die nicht einmal Mitglied der Kirche sein müssen. Doch warum ist das so? Muss sich dieser Einfluss grundlegend ändern? Darüber hat detektor.fm-Moderator Yannic Köhler in dieser Folge „Zurück zum Thema“ mit Prof. Georg Essen gesprochen. Er ist Theologe an der Humboldt-Universität in Berlin, wo er unter anderem zu Religion und Recht forscht.

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