Polizeigewalt in Kolumbien
Seit Ende April demonstrieren hunderttausende Menschen in Kolumbien. Präsident Iván Duque reagiert mit Repression: Er schickt Polizei und Militär auf die Straßen und lässt die Proteste nicht nur mit Tränengas und Wasserwerfern, sondern auch mit Waffengewalt bekämpfen. Laut der NGO Temblores sind dabei bereits 39 Menschen durch Polizeigewalt ums Leben gekommen, mehr als 370 Menschen werden vermisst.
Es sind heterogene Akteure mit unterschiedlichen Forderungen, die sich den Protesten anschließen. Sie fordern etwa einen besseren Zugang zu Bildung, Reformen für das Gesundheitssystem und auch indigene Gruppen vertreten ihre Anliegen. Als Auslöser gelten die vorerst gescheiterten Steuerreformen. Mit denen wollte der rechtskonservative Präsident Iván Duque eigentlich Haushaltslöcher stopfen. Allerdings hätten die neuen Steuersätze eine höhere Belastung für die Mittelschicht bedeutet. Menschen, die umgerechnet im Schnitt zwischen 158,80 und 304,59 Euro im Monat verdienen. Zudem leben aktuell 42 Prozent der Kolumbianerinnen und Kolumbianer unterhalb der Armutsgrenze.
Jahrzehnte der Gewalt
Kolumbien ist von mehr als 50 Jahren Bürgerkrieg gezeichnet. In dem blutigen Konflikt zwischen linksradikalen FARC-Guerilla, der Armee, Polizei, Paramilitärs und Drogenkartellen kamen 220 000 Menschen ums Leben, Millionen wurden vertrieben. 2016 kam es zu einem Friedensvertrag zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC-Guerilla. Die Folge waren ein wirtschaftlicher Aufschwung und steigende Touristenzahlen. Doch der Friedensprozess gerät immer wieder ins Wanken, viele Reformen werden von der rechtskonservativen Regierung blockiert. Und nicht zuletzt kommt es immer wieder zu Polizeigewalt bei Demonstrationen. So auch im vergangenen September, als bei Protesten in Bogotá 13 Menschen mutmaßlich von der Polizei getötet wurden.
Über die aktuelle Lage in Kolumbien spricht detektor.fm-Moderatorin Marie Jainta mit der freien Journalistin Antonia Schäfer. Sie schreibt unter anderem für Die Zeit und lebt abwechselnd in Deutschland und Kolumbien. Außerdem spricht unsere Moderatorin mit Stefan Peters darüber, warum Kolumbien nicht zur Ruhe kommt. Er ist Professor für Friedensforschung und Leiter des Deutsch-Kolumbianischen Friedensinstituts (CAPAZ).