Die Menschenrechte sind selbstverständlich?
Auf die Menschenrechtskonvention der Europäischen Union können sich in Deutschland wahrscheinlich fast alle einigen. Uns werden die zentralen Menschenrechte ja auch gesetzlich garantiert. In anderen Ländern, gerade im globalen Süden, sieht das anders aus. Das wird in einer globalisierten Wirtschaft auch von deutschen Unternehmen immer wieder ausgenutzt. So sind laut eines Berichts des belgischen International Peace Information Service von 2014 in den zehn Jahren zuvor gegen 23 von 30 deutschen DAX-Unternehmen Vorwürfe laut geworden, dass sie gegen die Menschenrechte verstoßen haben. Laut einer Studie der Universität Maastricht aus dem Jahr 2015 rangieren deutsche Unternehmen weltweit auf dem fünften Platz bei der Anzahl an Menschenrechtsverstößen.
Die Zahlen malen also ein eindeutiges Bild: Auch wenn wir in Deutschland viel Wert auf die Menschenrechte legen, tun wir das im Ausland offenbar nicht. Bisherige Versuche der Politik, das Thema anzugehen, haben sich wie z. B. der „nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrecht“ von 2016 als wenig konsequent erwiesen und deshalb das Problem nicht gelöst.
Lieferkettengesetz – was heißt das?
Ein sogenanntes Lieferkettengesetz soll jetzt die Lösung bringen, um Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen zu bekämpfen. Der Vorschlag stammt von der „Initiative Lieferkettengesetz“, in der sich diverse NGOs zusammengeschlossen haben. Auch in der Bundesregierung hat der Vorschlag mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vor Kurzem Unterstützung gefunden.
Konkret würde ein solches Gesetz deutsche Unternehmen verpflichten, in ihrer gesamten Produktions- und Zulieferkette sicherzustellen, dass kein Verstoß gegen die UN-Menschenrechtskonvention begangen wird. Neu ist dabei, dass diese Regelung die gesamte Wertschöpfungskette einschließt und nicht nur die unternehmenseigenen Tochterfirmen und zentrale Vertragspartner. Sie soll außerdem ermöglichen, dass Behörden die Einhaltung kontrollieren und mit Bußgeldern sowie dem Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen sanktionieren können.
Schädlich für die Wirtschaft?
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier äußert sich kritisch zu einem solchen Vorschlag und warnt vor überhasteten Maßnahmen, die der Wirtschaft schaden. Auch Steffen Kampeter, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, zeigt sich in einem persönlichen Brief an Altmaier besorgt. Er hat sogar von einem „für die Wirtschaft derart schädlichen Gesetz“ gesprochen. 43 andere Unternehmen sehen das allerdings anders.
Brauchen wir also ein solches Lieferkettengesetz? Darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Yvi Strüwing mit Lia Polotzek vom Bund für Umwelt und Naturschutz und mit dem Wirtschaftsjournalisten Casper Dohmen.