Historische Wahlbeteiligung in Polen
Noch nie sind so viele Polen und Polinnen wählen gegangen wie bei dieser Parlamentswahl. Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 74 Prozent. Das Ergebnis: Die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bleibt zwar mit rund 35 Prozent der Stimmen die stärkste Kraft, eine Mehrheit im Parlament erreicht sie aber nicht. Stattdessen hat ein Bündnis aus drei Oppositionsparteien die Mehrheit der Sitze gewonnen. Das Bündnis besteht aus der liberalen „Bürgerkoalition“ (KO), dem zentristischen „Dritten Weg“ und der Linken. Angeführt wird es von Donald Tusk, der bereits von 2007 bis 2014 Polens Ministerpräsident war.
Mehr Nähe zur EU durch Tusk?
Donald Tusk ist auch in Brüssel kein Unbekannter: Er war Präsident des Europäischen Rats (2014–2019) und außerdem Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP). Tusk steht für einen klar proeuropäischen Kurs, mit ihm als möglichen neuen Regierungschef könnte sich Polens Verhältnis zur EU wieder deutlich verbessern. Denn in den vergangenen acht Jahren Regierungszeit der PiS-Partei war das Verhältnis ziemlich angespannt. Für Ärger zwischen Warschau und Brüssel hatte unter anderem die polnische Justizreform gesorgt. Die Reform verletzt laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs das Europarecht, da die polnische Regierung damit die Unabhängigkeit der Justiz einschränkt. In Sachen Pressefreiheit, Frauenrechte und Umgang mit Minderheiten hat Polen in den vergangenen Jahren ebenfalls gegen die europäischen Werte verstoßen. Auch dafür ist die PiS von den Wahlberechtigten abgestraft worden.
Was bedeutet das Wahlergebnis für Polens Verhältnis zur EU? Könnte Polen durch einen Machtwechsel bald wieder europafreundlicher werden? Darüber spricht detektor.fm-Moderator Lars Feyen in dieser Folge von „Zurück zum Thema“ mit Jan Opielka, er arbeitet als freier Journalist für deutsche und polnische Printmedien.