Ultrakonservativer Ebrahim Raisi gewinnt Präsidentschaftswahl
Mit 62 Prozent der Stimmen konnte Ebrahim Raisi die Präsidentschaftswahl in Iran am Freitag für sich gewinnen. Damit löst der Ultrakonservative den als moderat geltenden Präsidenten Hassan Rohani ab. Lediglich 48,8 Prozent der Wahlberechtigten hatten ihre Stimme am Freitag abgegeben – so wenige waren es seit Beginn der Präsidentschaftswahlen 1980 noch nie. Besonders von Liberalen wird Raisi scharf kritisiert: Er gilt als mitverantwortlich für die Massenhinrichtung politischer Gefangener in den 1980er-Jahren.
Die Leute ziehen sich eher ins Private zurück und verlieren das Interesse an der Politik, auf die sie selbst keinen Einfluss haben.
Jörg-Hendrik Brase, Korrespondent des ZDF im Iran

Vorauswahl der Kandidaten durch Wächterrat
Wer überhaupt zur Wahl im Iran antreten darf, bestimmt der sogenannte Wächterrat. Das aus zwölf Männern bestehende konservative Gremium wurde vom Obersten Führer sowie vom Chef der Justiz, also Ebrahim Raisi selbst, ernannt. Bereits vor der Wahl hatte der Wächterrat Raisis größten Gegner und damit einen moderaten Kandidaten ausgeschlossen. Frauen durften wie immer nicht kandidieren, auch wenn einige es versucht hatten, um ein Zeichen zu setzen. Durch die Vorauswahl waren vorrangig Kandidaten aus konservativen Lagern angetreten.
Die geringe Wahlbeteiligung ist ein Misstrauensbeweis gegen ein politisches System, das nicht mehr Kandidaten aus allen politischen Lagern zulässt.
Marcus Schneider, Politikwissenschaftler bei der Friedrich-Ebert-Stiftung

detektor.fm-Moderator Til Schäbitz spricht mit Marcus Schneider darüber, wie viel Demokratie tatsächlich in der Islamischen Republik Iran steckt. Schneider arbeitet im Referat „Naher/Mittlerer Osten und Nordafrika“ bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Jörg-Hendrik Brase, Korrespondent des ZDF im Iran, weiß, wie dort die Stimmung nach der Wahl ist und was das Ergebnis für die Bevölkerung bedeutet.