Schafft das Strafrecht Gerechtigkeit?
In den frühen 1980er-Jahren wird die 17-jährige Frederike von Möhlmann tot und vergewaltigt aufgefunden. Es gibt einen Tatverdächtigen, der auch angeklagt wird. Er wird aber freigesprochen, da es nicht genügend Beweise für seine Schuld gibt. Jahre später ändert sich das mithilfe der DNA-Analyse. Durch die damals neue Technik wird die DNA des Tatverdächtigen an der Kleidung des Opfers festgestellt. Nur: In Deutschland kann man für dieselbe Tat nicht mehrfach angeklagt werden. Das verstößt gegen den strafrechtlichen Grundsatz ne bis in idem, der auch im Grundgesetz festgelegt ist. Die Regelung kommt nicht von ungefähr. Es geht darum, zu verhindern, dass sich eine Person immer wieder vor Gericht verantworten muss, obwohl die Unschuld festgestellt wurde. Es bringt das Rechtssystem im Fall von Möhlmann aber auch an seine Grenzen. Wegen Fällen wie diesem wurde die Regelung von der vorigen Regierung 2021 aufgehoben. Das ist aber verfassungsrechtlich umstritten und wird noch vom Bundesverfassungsgericht entschieden.
Was tun, wenn Gesetz und Gerechtigkeitsempfinden nicht übereinstimmen?
Im vergangenen Jahr wurde der Paragraf 219a aus dem Strafgesetzbuch gestrichen . Der hatte das Bewerben von Abtreibungen unter Strafe gestellt. Auch wenn es Kritik an dieser Entscheidung gab, könnte man sagen, dass die Regierung hier das Gesetz dem Gerechtigkeitsempfinden angepasst hat. Dorthin war es aber ein langer Weg. Es musste viel für diesen Entschluss gekämpft werden und auch die politische Wirkung der Änderung wird Politikerinnen und Politikern nicht verborgen geblieben sein.
Warum das wichtig ist für Gesetzesänderungen, wie gerecht das Strafgesetz wirklich ist und was sich ändern könnte, hört ihr in der heutigen Folge „Zurück zum Thema“. Durch die führt euch detektor.fm-Moderatorin Marie Jainta. Ihr Kollege Lars Feyen hat für diese Folge mit Elisa Hoven und Thomas Weigend gesprochen. Beide sind Professorin bzw. Professor der Rechtswissenschaften und haben zusammen das Buch „Strafsachen“ veröffentlicht.