Ab wann ist ein Streik politisch?
Studierende „streiken“ für niedrigere Studiengebühren, Jugendliche bleiben fürs Klima der Schule fern. Aber wie sieht das eigentlich bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus — dürfen sie für politische Ziele den Dienst verweigern?
Grundsätzlich gilt: Der Streik ist ein Grundrecht in Deutschland und als solches auch im Grundgesetz festgehalten. Er gilt als rechtmäßiges Mittel, um Tarifforderungen, also zum Beispiel höhere Löhne, durchzusetzen. Von einem politischen Streik spricht man allerdings, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeit niederlegen, um Ziele zu erreichen, die außerhalb ihres Arbeitsverhältnisses liegen. Der Streik ist dann nicht gegen den Arbeitgeber gerichtet, sondern gegen diejenigen, die politische Entscheidungen treffen.
Außerhalb von Deutschland gibt es dafür zahlreiche Beispiele. So türmt sich derzeit zum Beispiel in Paris der Müll auf den Straßen, die Müllabfuhr streikt aus Protest gegen die geplante Rentenreform. In Deutschland gibt es dagegen kaum politische Streiks — denn sie befinden sich in einer rechtlichen Grauzone.
Politische Streiks in der rechtlichen Grauzone
Politische Streiks haben in Deutschland ein grundsätzlich negativeres Image als im Ausland. Seit 1952 gilt der politische Streik in Deutschland durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes als verboten, damals hatte das Gericht auf Zeitungsstreiks reagiert. Um politische Forderungen durchzusetzen, so das Gericht, darf die Arbeit nicht niedergelegt werden. Es gab aber auch noch nach diesem Urteil einige politische Streiks, zum Beispiel gegen die Rente mit 67 im Jahr 2007. Inwiefern das Urteil des Bundesarbeitsgerichts aber ein tatsächliches Verbot politischer Streiks ist, bleibt weiterhin umstritten.
Sollten politische Streiks in Deutschland also ausdrücklich erlaubt werden? Darüber spricht detektor.fm-Moderator Yannic Köhler mit dem Politologen Alexander Gallas. Er beschäftigt sich in seiner Forschung unter anderem mit politischen Streiks in Europa. Markus Jerger, der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft, äußert im Gespräch seine Bedenken über die Vermischung von Aktivismus und politischen Forderungen auf offener Straße.