Das Seerechtsübereinkommen der UN regelt seit 1994 die Nutzung der Meere. Darunter auch das Gebiet zwischen der Türkei und Griechenland. Es setzt zum Beispiel fest, wo das Ende eines Staatsgebiets im Meer ist – nämlich bis zu zwölf Seemeilen vor der Küste. 200 Seemeilen vor der Küste legt das Seerecht eine ausschließliche Wirtschaftszone fest. Dort können die Länder Forschungen durchführen oder Bodenschätze abbauen.
Der Kontinentalsockel
Kompliziert wird es dann, wenn der Kontinent weiter in das Meer hinausragt als zwölf Seemeilen. Noch komplizierter: Wenn die Entfernung zweier Länder unter 400 Seemeilen misst. Genau das ist bei Griechenland und der Türkei der Fall. Eine seerechtlich geregelte Wirtschaftszone ist damit ausgeschlossen. Die Länder sind gezwungen eigene Abkommen zu treffen, um einen Teil des Meeres zwischen sich aufzuteilen.
Griechenland bündelt und Türkei dealt
Der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei um das Seegebiet währt schon seit über 100 Jahren. 2015 hat Griechenland ein Bündnis geschlossen, das wirtschaftliche Vorteile im Handel mit Erdöl und Erdgas einräumt. Darin involviert sind Ägypten, das nahliegende Zypern und Israel. Im Gegenzug hat die Türkei mit Libyen einen Korridor in der östlichen See ausgehandelt, um dort legal nach Öl zu bohren – zumindest nach ihrer Auffassung.
Jetzt schwimmt ein türkisches Forschungsschiff im östlichen Mittelmeer, begleitet von russischen Kriegsschiffen. Gegenüber liegt ein griechisches Schiff, Seite an Seite mit Kriegsschiffen aus Ägypten. Für Griechenland steht eine neue Aufteilung des östlichen Mittelmeers nicht zur Diskussion.
Darf die Türkei überhaupt auf den Teil des Seegebiets Anspruch erheben? Darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Lara-Lena Gödde mit Nele Matz-Lück. Sie lehrt Öffentliches Recht an der Universität Kiel und ist spezialisiert auf Seerecht und Völkerrecht. Welche Kompromisse müssten eingegangen werden, damit sich die Staaten einigen? Das erklärt Kristian Brakelt. Er ist Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul.