Die Kandidatin Macrons?
Dass Ursula von der Leyen im Mai 2019 eine offensichtliche Kandidatin für den Posten der EU-Kommissionspräsidentin gewesen wäre, würden auch Brüssel-Insider nicht behaupten. Nach der Europawahl stand nur fest, dass die Person, die die EU-Behörde anleiten würde, aus der EVP-Parteienfamilie kommen würde — schließlich hatten die konservativen Parteien die meisten Sitze im Europaparlament gewonnen. Jedoch hatte direkt nach der Wahl vor allem Frankreichs Präsident starke Zweifel an EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) geäußert: Der besitzt schließlich keinerlei Regierungserfahrung und spricht zudem kein Französisch — im multilingualen europäischen Politikbetrieb ein klarer Nachteil. Und so konnten sich die Staats- und Regierungschefs schließlich auf Ursula von der Leyen als Kandidatin einigen, die dann auch vom Parlament bestätigt werden konnte.
Gestern hat sie nun, an der Seite von CDU-Chef Friedrich Merz, ihre erneute Kandidatur verkündet. Dieses Mal ist von der Leyen aber keinesfalls eine Überraschung, sondern auch aus CDU-Sicht durchaus eine konsequente Kandidatin: Schließlich würde die Ampelkoalition sogar auf eine eigene Kandidatin für die Kommission verzichten, wenn „eine Deutsche“ Kommissionspräsidentin werden sollte.
Ursula von der Leyen: Große Ambitionen, große Krisen
Die erste Amtszeit der ehemaligen deutschen Verteidigungs- und Familienministerin ist dabei vor allem von Krisen geprägt gewesen — vom Ausbruch der Coronapandemie 2020 bis zum völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine zwei Jahre danach. In ihrer Zeit im Berlaymont-Palast hat von der Leyen die Europäische Union zu einem geopolitischen Akteur weiterentwickelt. Ein Schritt, der von vielen als notwendig angesehen wird – vor allem aufgrund des neuen Umgangs mit dem kriegerischen Russland, der systemischen Rivalität Chinas und der protektionistischen Wirtschaftspolitik der USA unter Joe Biden.
Wie die Bilanz nach der ersten Amtszeit für Ursula von der Leyen ausfällt und vor welchen Herausforderungen sie in den kommenden fünf Jahren als Kommissionspräsidentin stehen würde, das erklärt Hans von der Burchard von POLITICO Europe in dieser Folge von „Zurück zum Thema“ im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Lars Feyen.