Millionen Waffen in Privatbesitz
Rund 5,4 Millionen Schusswaffen lagern in deutschen Privathaushalten. Ob das viel oder wenig ist, darüber lässt sich streiten. Genauso wie über die Frage, wie gefährlich diese Waffen sind. Um das zu beantworten, wäre es hilfreich, zu wissen, über welche Art von Waffen wir genau reden und wer sie besitzt. Nur macht es der Staat fast unmöglich, an diese Informationen zu kommen.
Zum Vergleich: Um etwas über die in Deutschland zugelassenen Autos herauszufinden, reichen ein paar Klicks auf der Website des Kraftfahrt-Bundesamtes. Schon lassen sich Tabellen herunterladen, die kaum Fragen offen lassen: angemeldete PKW inklusive Aufschlüsselung nach Cabrios, Allradantrieb oder Hubraumklassen. Auch lässt sich herausfinden, ob die Fahrzeuge auf ein Unternehmen oder eine Privatperson registriert sind und welches Geschlecht diese hat.
Dürftige Statistik
Ganz anders sieht es aus, wenn es statt um Autos um Schusswaffen geht. Zwar führt das Bundesverwaltungsamt seit 2013 ein nationales Waffenregister, macht die Daten bisher aber nicht öffentlich. Das zuständige Referat kündigt auf Nachfrage von detektor.fm an, im Februar 2021 zum ersten Mal „sowohl statistische Kennzahlen zu den Ländern als auch zum Bund“ auf seiner Website zu veröffentlichen. Bis dahin verweist uns das Bundesverwaltungsamt an die Innenministerien der Länder. Die wiederum betonen, dass die Datenhoheit bei den Waffenbehörden liege, von denen fast jede größere Stadt und jeder Landkreis seine eigene hat. 541 Waffenbehörden gibt es insgesamt in Deutschland.
Die Mühe, alle Waffenbehörden einzeln anzufragen, machen sich wenige. Die Zeit hat 2014 zusammengetragen, wo es wie viele registrierte Schusswaffen gibt. Felicitas Boeselager vom Deutschlandradio wollte zwei Jahre später noch mehr wissen. Nämlich unter anderem, wie viele Menschen eine Waffe besitzen und ob sie diese zum Jagen, Sammeln oder Schießen im Schützenverein gekauft haben. Letzteres blieb offen. Auch wir hätten gerne mehr erfahren als das, was uns die meisten Waffenbehörden zuerst geben konnten oder wollten.
Abweichungen bei registrierten Schusswaffen
Was wir von allen Waffenbehörden bekommen haben, ist die Zahl der gemeldeten Schusswaffen, die wir auf einer Deutschlandkarte eingetragen haben. Außerdem haben wir zusätzlich zu den Waffenbehörden die Innenministerien der Bundesländer um Statistiken gebeten. Deren Zahlen fallen zum Teil ganz anders aus, obwohl sie von genau denselben Waffenbehörden stammen. Einige Abweichungen könnten zwar durch unterschiedliche Stichtage bei den Waffenbehörden verursacht sein, Unterschiede über mehrere tausend Waffen erklärt das aber nicht. Offizielle Statistiken über privaten Schusswaffenbesitz sind also nicht nur schwer zu bekommen, sondern auch noch unzuverlässig.
Waffenexperten wie der Journalist Lars Winkelsdorf pochen dagegen auf verlässliche Daten – für wissenschaftliche Untersuchungen und als Maßstab für die Politik. Denn das deutsche Waffenrecht werde immer wieder neu geregelt, ohne dass klar sei, was damit überhaupt erreicht werden solle. Außerdem haben wir für diese erste Folge unserer vierteiligen Reihe zum Thema Waffen mit Ex-Polizist Jürgen Röhr gesprochen, der 2003 im Dienst angeschossen und schwer verletzt wurde.