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Bild: Klaus Cichutek | Foto: T. Jansen / PEI

brand eins-Podcast | Klaus Cichutek

Wie zuverlässig sind Schnelltests?

Die Marken der Impfstoffe sind bekannt, die der Corona-Schnelltests weniger. Obwohl sich auch aktuell wieder die Frage stellt: Wie zuverlässig sind Schnelltests? Und welche können die Omikron-Variante nachweisen? Darüber sprechen wir mit Klaus Cichutek, dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts.

Antigentests eignen sich für Omikron-Nachweis

Das Paul-Ehrlich-Institut hat in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut mehr als 250 Antigen-Schnelltests daraufhin geprüft, wie gut sie das Coronavirus nachweisen können. Das Ergebnis: 80 Prozent der bisher untersuchten Tests erfüllen die Anforderungen und weisen das Virus verlässlich nach. „Das ist kein schlechter Wert“, sagt Klaus Cichutek, seit 2009 Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Zu den Aufgaben dieser Bundesbehörde gehört unter anderem die Zulassung und Prüfung von Impfstoffen, Medikamenten und Medizintechnik. Nach der vom PEI erstellten Liste hätten sich Testzentren, Apotheken und Supermärkte gerichtet.

Wir schaffen mit der Test-Liste eine höhere Sicherheit: Verbraucher und Testanbieter können sich daran orientieren.

Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts

Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-InstitutsFoto: T. Jansen / PEI

Aber wie gut funktionieren Selbst- und Schnelltests auch bei Omikron? Das überprüft das Paul-Ehrlich-Institut derzeit im Auftrag von Gesundheitsminister Lauterbach. Die Ergebnisse dieser sogenannten Positivliste werden zwar erst Ende Februar vorgestellt. Klar sei aber schon: 95 Prozent der bisher untersuchten Selbst- und Schnelltests zielen beim Nachweis des Coronavirus auf das N-Protein ab, so Cichutek. Dieses Protein ist im Gegensatz zum S-Protein nach bisherigen Erkenntnissen deutlich weniger von Mutationen der Virusvarianten betroffen. Dementsprechend könnten die meisten handelsüblichen und positiv bewerteten Antigentests auch eine Omikron-Infektion nachweisen.  Damit unterstreicht der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts im Podcast eine erste Einschätzung der Behörde von Ende Dezember.

Die Gesamtauswertung für die Positivliste wird von Politik und Wissenschaft mit Spannung erwartet. Setzt doch die neue Testverordnung noch stärker auf Schnelltests. Zudem weisen unterschiedliche aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, dass Antigen-Schnelltests leichte bis starke Schwächen beim Omikron-Nachweis haben.

Beschleunigte Zulassung von Omikron-Booster

Cichutek erwartet eine EU-Zulassung des Omikron-Booster im zweiten Quartal 2022. Der angepasste Impfstoff könne in einem deutlich vereinfachten und schnelleren Verfahren zugelassen werden. Das PEI erkennt diesen als Variation der ursprünglichen Zulassung an. Außerdem reichten nun kleinere klinische Prüfungen der Impfstoffhersteller aus, sagt er. Ist die Immunantwort nicht schlechter oder sogar besser als die des ursprünglichen Impfstoffs, könne es zur Zulassung kommen.

Wir haben alle Weichen gestellt, dass eine schnelle EU-Zulassung für neue Varianten-Impfstoffe möglich ist.

Klaus Cichutek

detektor.fm-Moderator Christian Bollert spricht mit Klaus Cichutek darüber, wie zuverlässig Schnelltests sind, über den aktuellen Stand der Positivliste, das Zulassungsverfahren des an Omikron angepassten Impfstoffs und welche Hoffnung auf dem Proteinimpfstoff von Novavax liegt.

 

Transkript

Nach mehr als zwei Jahren Pandemie muss man neidlos anerkennen, im Zuge der Impfstoffentwicklung gegen COVID-19 lief parallel eine der vielleicht größten Marketingkampagnen aller Zeiten. Denn wir alle kennen heute BioNTech, Moderna oder Johnson & Johnson, selbst Novavax hat man schon mal gehört. Dabei haben die Firmen dafür kaum klassische Werbung machen müssen. Allein die Nachfrage und natürlich die extrem große mediale Aufmerksamkeit sind bis heute Treiber dieser Entwicklung. Interessanterweise ist das bei den Antigentests zum schnellen Nachweis der Ansteckungsgefahr komplett anders. Dabei benutzen wir die Dinger meistens sogar mehrfach pro Woche. Ich persönlich muss zum Beispiel zugeben, ich könnte nicht mal einen einzigen Hersteller von solchen Antigentests nennen, obwohl wir hier als Firma in den letzten Jahren einen hohen vierstelligen, wenn nicht sogar fünfstelligen Betrag für diese Tests ausgegeben haben. Schauen wir uns das also mal genauer an in dieser Folge, und zwar mit Klaus Cichutek, dem Chef des Paul-Ehrlich-Instituts.

Der brand eins-Podcast — Wirtschaft anders denken. Jede Woche bei detektor.fm.

Christian Bollert: Eigentlich wäre es in der glücklicherweise gerade offensichtlich abflachenden Omikron-Welle besser, wir würden die Marken von Schnelltests kennen als die von Impfstoffen. Das ist zumindest die These von Christian Weymayr in seinem Text „Wenn Marken unter die Haut gehen“ aus der aktuellen brand eins mit dem Schwerpunkt Marketing. Und dieses Thema, das betrifft uns nun tatsächlich alle in irgendeiner Form. Deshalb vertiefen wir das hier im Podcast, und zwar wie schon angekündigt mit Klaus Cichutek, seit 2009 Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts. Das Institut hat übrigens seinen Sitz im hessischen Langen, ziemlich genau zwischen Darmstadt und Frankfurt am Main. Mit Klaus Cichutek spreche ich gleich in diesem Podcast in dieser Episode über die angesprochene Studie des Instituts zu den Schnelltests an Omikron-angepasste Impfstoffe und die vieldiskutierte vierte Impfung. Klaus Cichutek wird 1956 in Recklinghausen geboren, ist Professor für Biochemie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und leitet das Paul-Ehrlich-Institut. Ein Institut, das in der Pandemie neben dem Robert Koch-Institut sehr, sehr viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen Impfstoffe und Medikamente und lassen sie zu. Dafür arbeitet das Team eng mit der europäischen Arzneimittel-Agentur EMA zusammen. Herzlich willkommen im brand eins-Podcast, hier beim Podcast-Radio detektor.fm! Schönen guten Tag Herr Cichutek! #00:02:22.3#

Klaus Cichutek: Hallo! #00:02:23.1#

Christian Bollert: Könnten Sie mir denn aus dem Stegreif den Hersteller Ihres letzten Antigenschnelltests verraten? #00:02:28.0#

Klaus Cichutek: Das kann ich tatsächlich, den Namen möchte ich aber nicht von mir geben, der gehört aber zu den Tests, die vom Paul-Ehrlich-Institut positiv evaluiert wurden. Das heißt, die haben eine erhöhte Sensitivität. Grundsätzlich liegt’s aber daran, dass für diese einzelnen Hersteller, deren Test nicht kennen, dass der Markt sehr viel vielfältiger ist. Das heißt, es gibt sehr viele Anbieter auch von sehr guten Tests. Dafür haben wir am Paul-Ehrlich-Institut Transparenz hergestellt hinsichtlich der von uns positiv evaluierten Tests. Es gibt Listen beim Paul-Ehrlich-Institut genauso wie für die Marktüberwachung dieser Tests zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM. Dort kann man sich orientieren. #00:03:11.1#

Christian Bollert: Das heißt, die pure Zahl der Tests ist einfach die Erklärung, warum wir sie nicht kennen? Weil von den Impfstoffherstellern gibt’s tatsächlich nicht so viele. #00:03:18.0#

Klaus Cichutek: Wir haben das Glück, dass sehr viele Hersteller sich tatsächlich um diese Tests bemüht haben, so dass wir eine Vielfalt zur Verfügung haben. Denn wir brauchen sehr viele Tests und ein einzelner oder mehrere einzelne Hersteller könnten diesen Markt gar nicht bedienen. #00:03:32.5#

Christian Bollert: Dann schauen wir doch ein bisschen genauer drauf. Das Paul-Ehrlich-Institut, Sie haben es auch schon angesprochen, hat zusammen mit anderen Instituten, muss man auch sagen, mittlerweile mehr als 250 COVID-Antigentests untersucht und genau geguckt, wie verlässlich sie das Virus nachweisen. Das Ergebnis: Mindestens 80 Prozent schneiden gut ab, 20 Prozent können die Anforderungen jedoch nicht erfüllen. Kann man jetzt natürlich aus zwei Perspektiven drauf gucken und sagen: 80 Prozent ist gar nicht schlecht. Man könnte aber auch sagen: Naja, ein Fünftel nicht ausreichend gute Tests, das ist dann vielleicht gar nicht so gut. Oder? #00:04:02.6#

Klaus Cichutek: Die Antigentestung ist eine von mehreren Schutzmaßnahmen vor COVID-19, der Primärimpfung, Boosterung, Einhaltung der Hygieneregeln. Und nur, wenn wir das Repertoire aller uns zur Verfügung stehenden Maßnahmen insgesamt nutzen, können wir die Pandemie wirksam bekämpfen, vor allen Dingen auch die Virusweitergabe. Und die Anwendung von diesen Point-of-Care-Antigentests sind dabei eine wichtige Teilmaßnahme. Das Ziel ist es, Personen mit einer sehr hohen Viruslast und der damit verbundenen potenziellen Infektiosität, das heißt dem Übertragungsrisiko auf Kontaktpersonen, schnell und einfach zu identifizieren. 80 Prozent aller bisher vom Paul-Ehrlich-Institut in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut untersuchten Antigentests gewährleisten hier eine hohe Sensitivität. Wir haben das verglichen und das ist kein schlechter Wert. #00:04:53.3#

Christian Bollert: Sie haben es auch schon so ein bisschen beschrieben. Wir haben in der Pandemie gelernt, dass es nicht das eine Instrument gibt, das alle Probleme löst, abgesehen vielleicht vom jeweils empfohlenen Impfschutz, aber dass wir die Löcher mit verschiedenen Ebenen eben stopfen müssen. Das Bild des Schweizer Käses hat sich da in meinem Kopf so ein bisschen eingebrannt. Würden Sie sagen, die Löcher in der Scheibe mit den Antigentests, die sind also klein genug, dass wir damit leben können? #00:05:15.9#

Klaus Cichutek: Ja, das würde ich auf jeden Fall so sagen. Wir haben hier mit der Evaluierung vom Paul-Ehrlich-Institut vorgezogen, was auch nach der europäischen Gesetzgebung später eingeführt werden soll. Das heißt, wir schaffen hier eine höhere Sicherheit für Verbraucher, Verbraucherinnen, aber auch die Testanbieter[, die] sich daran orientieren können und hier die Tests verwenden können, die diese höhere Sensitivität, also Empfindlichkeit und eine bessere Nachweisgrenze gewährleisten. #00:05:44.2#

Christian Bollert: Jetzt gibt’s aber durchaus Leute, die sagen, naja, aber ein unzuverlässiger Antigentest, der reicht schon, um großen Schaden zu machen. Was sagen Sie da? #00:05:51.7#

Klaus Cichutek: Man kann bei den Tests keine hundertprozentige Ergebnisrate, keine hundertprozentige Erkennung voraussetzen. Die Tests können auch wiederholt werden und selbstverständlich ist es anzuraten, dass Personen, die eindeutige Symptome haben, sich dann nicht auf einen Test verlassen in Bezug auf die Diagnostik. Aber insgesamt gerade bei Personen, die noch in der Phase sind, bevor Symptomatik auftritt, können hier zu bestimmten Zeitpunkten schon identifiziert werden und damit wird das Risiko zumindest stark erniedrigt, dass diese Personen sich dann in größere Ansammlungen begeben oder in Situationen, wo die Virusübertragung stattfinden kann. #00:06:32.1#

Christian Bollert: Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung, der hat in dieser Woche mitgeteilt, dass bei weiter sinkenden Inzidenzen in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen vor allen Dingen vorausschauend Öffnungsstrategien geplant und diese Schritte verständlich kommuniziert werden sollen. Brauchen wir für diesen Weg, der da jetzt angekündigt wird, aus der Omikron-Welle weiter Antigenschnelltests? #00:06:52.4#

Klaus Cichutek: Das ist ganz wichtig, dass Antigenschnelltests weiterverwendet werden, denn wir wollen vermeiden, dass das Virus weitergegeben wird. Und ganz sicher ist der beste Schutz immer noch die Impfung, Primärimpfung verbunden mit einer Booster-Impfung. Das gibt uns breitere Schutzwirkung, aber ein dazugehöriges Mittel ist die Verwendung von Antigentests. Denn wir wissen, dass es Situationen geben kann, wo auch die Schutzwirkung der Impfstoffe etwas erniedrigt ist und dann schon mal eine Infektion vorkommen kann, die eventuell weitergegeben wird. Also für solche Situationen [ist] selbst bei Geimpften die Verwendung von Antigentests anzuraten. #00:07:31.3#

Christian Bollert: Dann steigen wir ruhig noch ein bisschen tiefer ein in die Tests, die Sie da so gemacht haben. Die Sensitivität, also der Anteil korrekt positiver Ergebnisse, die haben Sie bei 75 Prozent angesetzt. Warum ist das aus Ihrer Sicht ein sinnvoller Wert? #00:07:44.3#

Klaus Cichutek: Das ist eine sinnvolle Grenze, weil sich gezeigt hat, dass diese Grenze uns erlaubt, weniger sensitive von sensitiven Tests gut zu unterscheiden. Wir haben die Grenze zusammen mit Paul-Ehrlich-Institut und Robert Koch-Institut festgelegt, nachdem wir wissenschaftliche Publikationen zu diesem Thema ausgewertet haben. Und üblich ist eine Angabe einer Nachweisgrenze, also Limit of Detection von 50 bis 95 Prozent. Die 75 Prozent Nachweisgrenze, wie man auf unseren Listen nachsehen kann, erlaubt in der vergleichenden experimentellen Untersuchung eine klare Unterscheidung von Auswahl in sensitiven zu weniger sensitiven Antigentests. Und außerdem haben WHO und die Organisation FIND bei ähnlichen Untersuchungen auch die 75 Prozent Nachweisgrenze gewählt. Sie ist also durchaus üblich. #00:08:35.3#

Christian Bollert: Die Ergebnisse Ihrer Untersuchungen, die haben durchaus für viel Aufsehen gesorgt, da durften Sie auch viele Interviews geben und auch im Netz wurde viel darüber geschrieben. Das gilt natürlich auch für die Tests, die bei Ihnen, ich sag das jetzt mal so flapsig, durchgefallen sind. Also für die Hersteller ist das sicher ein echtes Problem, wenn sie da auf der Liste stehen von den nicht so guten Tests. Weil, wer will die dann noch kaufen? Im brand eins-Text wird zum Beispiel einer davon auch ganz exemplarisch genannt, (unv. #00:08:58.7#) aus Braunschweig. Und nach Angaben des Herstellers hat dieser aufgrund des Designs Ihrer Studie schlecht abgeschnitten. Ich will da jetzt nicht zu tief drauf eingehen. Aber wie reagieren Sie auf solche Kritik am Verfahren? #00:09:09.5#

Klaus Cichutek: Nun, hier gibt es eine Reihe von Kritikpunkten, aber unser Verfahren steht ja für sich selber. Hier haben wir viele Tests vergleichend untereinander mit derselben Methode untersucht. Die Hersteller tun das bei der Selbstzertifizierung oder Zertifizierung mit benannten Stellen natürlich auch, aber es gibt keine weitere unabhängige Untersuchung und keinen Vergleich mit anderen Tests. Das ist der Vorteil unserer Methode. Hier kann ich nur an die Hersteller appellieren, a) jetzt in dieser Situation unbedingt auch die Sensitivität selbstverständlich auf Spezifität ihrer Tests gegenüber der Omikron-Variante zu evaluieren. Und dann, wenn sie sehen, dass ihre Tests bei der vergleichenden Evaluierung weniger gut abschneiden, einfach selber Testverbesserungen einzuführen. Dann ist das Problem vom Tisch. #00:09:58.3#

Christian Bollert: Klaus Cichutek sagt das hier im brand eins-Podcast. Und genau darüber wollen wir auch gleich im Verlauf dieser Episode noch weiter sprechen über Omikron und was da möglicherweise noch angepasst werden muss. Sprechen wir doch direkt darüber. Sie als Institut haben Ende 2021, als sich die Omikron-Welle in Deutschland gerade mal noch aufgebaut hat und aus den USA so Meldungen kam, dass einige Antigentests nicht genau genug sind, eine Stellungnahme veröffentlicht, dass Sie davon ausgehen, dass die meisten Antigentests auf dem deutschen Markt tatsächlich auch Omikron nachweisen. Sie gucken da aber natürlich seit Wochen auch genauer hin und untersuchen das systematisch. Können Sie denn heute, Mitte Februar, schon etwas dazu sagen, wie gut Antigentests die Omikron-Variante erkennen? #00:10:37.1#

Klaus Cichutek: Wir können sagen, dass aus der wissenschaftlichen Literatur zu diesem Thema entnommen werden kann, dass es hier bisher unterschiedliche Ergebnisse gibt. Aber unsere Erwartung ist, dass die Ergebnisse trotzdem erlauben werden, weniger sensitive und hochsensitive Tests voneinander zu unterscheiden. Das ist ja das, was wir mit unserer Untersuchung erreichen können. Die unterschiedlichen Ergebnisse von Tests rühren zum Beispiel auch davon, dass bestimmte Tests das S-Protein targeten, das heißt, zu zielen (unv. #00:11:13.0#). Und wir wissen, dass gerade bei der Omikron-Variante hier viele Mutationen angesammelt sind, so dass man annehmen kann, dass der eine oder der andere Test die positive Evaluierung da nicht schaffen wird. Bei den N-Protein-Zielen, und das betrifft 95 Prozent der von uns untersuchten Tests, ist das Problem eigentlich nicht so sehr gegeben, denn hier gibt es nur vier Mutationen, wovon zwei bereits in Bezug auf andere Varianten bekannt sind. Wir rechnen mit unseren Ergebnissen, wenn sie solide sind, bis Ende Februar, und wir sehen, dass je nachdem, welches Testsystem verwendet wird, die Ergebnisse in den wissenschaftlichen Untersuchungen anderer, die nur sehr wenige Tests meistens zum Ziel haben, unterschiedlich ausfallen. Aber trotzdem kann man davon ausgehen und das bleibt hier den Verbrauchern und Verbraucherinnen, aber auch den Testanbietern unbenommen, dass gerade Tests, die eine besonders hohe Sensitivität auch gegenüber den üblichen Varianten haben, hier vielleicht auch eine bessere Sicherheit bieten, um gegenüber Omikron eine hohe Sensitivität zu haben. #00:12:18.6#

Christian Bollert: Sie haben den Unterschied gerade ganz gut beschrieben, dass da unterschiedliche Proteine S oder N angegriffen oder, sagen wir mal, getestet werden. Kann ich das als Verbraucher denn irgendwie erkennen, was mein Test da untersucht? #00:12:29.0#

Klaus Cichutek: Das kann ich als Verbraucher erkennen. Ich verweise hier einmal auf die Liste des BfArM, die zu Rate gezogen werden kann. Hier kann man mit einem Testnamen die sogenannte AT-Nummer des Tests erfassen. Und dann kann man auf den Listen des Paul-Ehrlich-Instituts auf unserer Webpage in einer PDF-Tabelle die Ergebnisse der SARS-CoV-Antigenschnelltests, die das Sensitivitätskriterium erfüllen, nachlesen. Beziehungsweise wenn man seine Tests dort nicht findet, gibt’s auch eine Excel-Tabelle, wo die Antigentests gezeigt sind, die dieses Ergebnis nicht erreicht haben und die durchgefallen sind. Auf diese Weise herrscht gute Markttransparenz für Verbraucher, aber auch Testanbieter. #00:13:10.8#

Christian Bollert: Das heißt, diese 95-prozentige Sicherheit, die Sie bisher angenommen oder überprüft haben bei den N Proteinen, die kann man quasi selber nachgucken und sich auch so ein bisschen daran orientieren, wenn man sich durch Ihre PDF-Listen wühlt? #00:13:24.2#

Klaus Cichutek: Das kann man und das ist eine 75-prozentige Sicherheit in Bezug auf die Sensitivität. Ja, das kann man dann nachlesen. Dort kann man sich orientieren. Wir haben auch den Eindruck, dass viele Discounter und übrigens auch nicht nur national, sondern auch international viele sich an unseren Listen orientieren. Und das ist vernünftig, denn wir machen eine unabhängige Untersuchung, die unabhängig ist von irgendwelchen Marktbetrachtungen, allein um die Verbraucher, Verbraucherinnen zu schützen und den Testanbietern eine bessere Sicherheit hinsichtlich des Kaufs der Tests und des Anbietens der Tests zu bieten. #00:14:00.6#

Christian Bollert: Wenn Sie Ende Februar die Aktualisierung bringen, können Sie denn jetzt schon sagen, ob da irgendwelche Überraschungen bisher dabei sind? Oder ist das so, wie Sie bisher auch annehmen? #00:14:08.4#

Klaus Cichutek: Das ist so, wie ich bisher sage, ich glaube, es ist vernünftig nach guter wissenschaftlicher Praxis, nach Abschluss der Ergebnisse dann dieses Ergebnis auch komplett zu verbreiten. Es macht keinen Sinn, vorher schon Zwischenergebnisse zu kommunizieren. #00:14:22.9#

Christian Bollert: An der Überprüfung der Antigenschnelltests ist auch das Labor von Christian Drosten beteiligt gewesen. Er hat neulich in Bezug auf die viel aufwändigeren und damit auch viel teureren PCR-Tests in seinem Podcast gesagt, dass wir die PCR-Tests bald mal runterfahren sollten. Wie sehen Sie denn das? #00:14:38.3#

Klaus Cichutek: Da denke ich, gehören die PCR-Tests genauso wie die Antigentests zur allgemeinen Teststrategie der Bundesregierung und daran sollte man sich orientieren, nicht an Einzelmeinungen. Und das Ganze steht in Zusammenhang damit, dass man auch eine bestimmte Vielfalt von Tests anbieten muss, die unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Und es kommt auf die Strategie an, wie man hier mit Impfungen und der Weiterverbreitung von Omikron insgesamt den Schutz der Gesellschaft regeln will. #00:15:09.5#

Christian Bollert: Also ist aus Ihrer Sicht nicht wahrscheinlich, dass Antigenschnelltests in Zukunft vielleicht sogar noch wichtiger werden, weil vielleicht weniger PCR-Tests durchgeführt werden könnten? #00:15:17.9#

Klaus Cichutek: Dazu habe ich keine Meinung. Wir beschäftigen uns mit der Sensitivität dieser Tests, um Transparenz walten zu lassen. Das andere, was Sie ansprechen, sind politische Entscheidungen. #00:15:28.5#

Christian Bollert: Dann bleiben wir doch noch ein bisschen beim Thema Omikron. Sie gehen davon aus, dass bis spätestens Juni ein angepasster Impfstoff zur Verfügung stehen wird. Worauf stützen Sie diese Annahme? #00:15:38.1#

Klaus Cichutek: Wir wissen, dass mindestens Moderna und BioNTech klinische Prüfungen zur Untersuchung der Immunantwort gegen Omikron-adaptierte COVID-Impfstoffen bereits begonnen haben. Das heißt, diese Entwicklungen sind in den ersten klinischen Prüfungen und an diesem (unv. #00:15:53.6#) da hatte Moderna in der Presse verlauten lassen, dass eine Steigerung der Immunantwort gelungen ist, aber die Steigerung der Antikörpertiter geringer ausfällt als gedacht. Hier müssen wir weitere Ergebnisse beider Firmen abwarten. Wir haben aber regulatorisch alle Weichen gestellt, dass eine schnelle Umstellung auf neue Variantenimpfstoffe möglich ist und damit auch Omikron-adaptierte Impfstoffe erhalten werden können. Wir rechnen eigentlich im zweiten Quartal 2022 mit weiteren Ergebnissen und wir haben administrativ die Weichen so gestellt, dass eine EU-Zulassung sehr schnell vonstatten gehen kann, nämlich als Variation der ursprünglichen Zulassung des parentalen, des Ursprungsimpfstoffs. Wir wissen noch nicht, in welcher Menge die Omikron-adaptierten Impfstoffe zur Verfügung stehen werden. Wir wissen auch noch nicht, wie bereit der Schutz dieser Omikron-adaptierten Impfstoffe sein wird, aber zum Glück wissen wir, dass Booster-Impfungen mit den bisherigen mRNA-Impfstoffen sehr gut gegen Omikron schützen und auch insgesamt eine breitere Immunität erzeugen. Demzufolge ist anzuraten, den STIKO-Empfehlungen der Zulassung zu folgen und sich impfen zu lassen. #00:17:04.8#

Christian Bollert: Sie haben angesprochen, dass Sie auch viel dafür getan haben auf administrativer Ebene, dass das schnell gehen kann. Was genau bedeutet das? Das heißt, die Hausjuristen hatten da viel zu tun? #00:17:14.1#

Klaus Cichutek: Nein, das bedeutet, dass wir mit unserer regulatorischen Erfahrung uns angesehen haben, wie kann man mit diesen angepassten Impfstoffen umgehen. Und ein Zielkriterium ist, dass wir sicherlich nicht mal bei der Herstellung gewisse Kriterien erfüllt sehen wollen, sodass sichergestellt ist, dass die Qualität der Variantenimpfstoffe genauso gut sein wird wie die der parentalen Impfstoffe. Wir brauchen aber keine, wie sonst üblich, nichtklinischen Untersuchungen, sondern werden uns verlassen auf die Ergebnisse der klinischen Prüfungen zur Immunantwort, ohne dass nochmal im Einzelnen die Wirksamkeit nachvollzogen werden muss, das wäre eine zu große Mühe. Wir haben aufgrund von vielen wissenschaftlichen Untersuchungen bereits das Ergebnis, dass die Immunantwort gerade auf die Antikörpertiter von sogenannten neutralisierenden Antikörpern eine sehr gute Zielgröße sind, mit denen ermessen werden kann, ob solche Impfstoffe auch gegen andere Varianten als die ursprünglichen wirken werden. Das bedeutet, kleinere klinische Prüfungen, weitaus kleiner als die bisher zur Wirksamkeit der parentalen Impfstoffe hinterlegten Prüfungen mit mehreren Zehntausend Probanden reichen aus. Und es reicht aus nachzuweisen, wie die Immunantwort sein wird, insbesondere die Neutralisierung gegenüber der neuen Zielvariante jeder Omikron-Variante. Wenn diese Immunantwort nicht schlechter ist oder sogar besser als die des parentalen Impfstoffs, kann es zur Zulassung kommen. #00:18:49.1#

Christian Bollert: Sie haben im Gespräch auch schon angedeutet, dass der wirksamste Schutz natürlich weiterhin auch die Impfung selber ist. In der öffentlichen Debatte gibt es auch relativ viele Menschen, die Hoffnung haben, dass Novavax, dieser Impfstoff, helfen kann, weil er doch ein proteinbasierter Impfstoff ist und deshalb für manche Menschen offensichtlich mit weniger Ängsten belegt, vermutlich weil das Wort Gentechnik gar nicht dabei vorkommt. Glauben Sie, das kann Menschen überzeugen, die sich jetzt seit mehr als einem Jahr mit Händen und Füßen gegen die Impfung gewehrt haben? #00:19:15.8#

Klaus Cichutek: Ich glaube schon, dass es Menschen und die werden durchaus in der Öffentlichkeit öfter erwähnt, die bisher trotz der hohen Wirksamkeit der sogenannten genetischen Impfstoffe, also der RNA und Vektorimpfstoffe, zögerlich waren, weil das Konzept ihnen zu neu war. Und diese Menschen werden bei dem proteinbasierten Novavax-Impfstoff möglicherweise dann zur Impfung greifen. Ich kann mir das nur wünschen, denn das bedeutet nicht nur einen Schutz für diese Menschen, sondern auch einen Schutz für die vulnerable Population in dieser Gesellschaft. Und es kann aber sein, dass es eine weitere hoffentlich sehr kleine Gruppe geben wird, die auch jetzt schon Diskussionen anfängt darüber, was an dem Nuvaxovid-Impfstoff nicht so ganz in Ordnung ist. Das will ich mal dahingestellt lassen. Aber das ist gar nicht so neu und wir wissen, dass all diese Impfstoffe sehr gut sind, sich bewährt haben. Und aufgrund der Tatsache, dass wir auch bei den neuen Impfstoffen sehr schnell sehr viele Daten sammeln konnten zur Sicherheit, wissen wir, dass sie nicht nur hochwirksam sind, sondern auch sehr, sehr sicher. Das ist auf den Sicherheitsberichten des Paul-Ehrlich-Instituts auf unserer Webpage nachzulesen. Und es zeigt sich, dass die schweren Nebenwirkungen in der Größenordnung von unter 10 Fällen pro 100 000 Impfungen liegen. Das ist ein sehr guter Wert. #00:20:36.5#

Christian Bollert: Das heißt, Sie sind da wirklich optimistisch, dass sich da viele noch mal überzeugen lassen? #00:20:40.0#

Klaus Cichutek: Ich wünsche mir das, dass das so ist. Und wir haben von vornherein viele Impfstoffhersteller beraten mit unterschiedlichen Konzepten, gerade mit dem Ziel, a) dass wir genügend Impfstoff bekommen, weil dafür sehr viele Hersteller da sind, und b) weil wir nicht wussten, wie gut die Impfstoffe in verschiedenen Lagen gegen viele verschiedene Varianten sein werden. Und hier war es vernünftig, unterschiedliche Impfstoffkonzepte zu entwickeln. Und das geht übrigens auch heutzutage noch weiter. #00:21:07.2#

Christian Bollert: Dann kommen wir ganz zum Schluss mit der letzten Frage, zur großen Frage, ich sag mal, die die Mehrheit betrifft. Sie haben es schon angesprochen, die allermeisten haben mittlerweile sogar eine Booster-Impfung, also drei Impfungen, wie wir es in Deutschland nennen, Booster. Die vierte wird entwickelt. Sie haben gesagt im Juni könnte sie schon kommen. Brauchen wir das alle oder wird das tatsächlich nur einen Teil der Bevölkerung dann betreffen? #00:21:26.5#

Klaus Cichutek: Hier muss ich leicht korrigieren. Wir wissen, dass die Booster-Impfung empfohlen ist, dass aber inzwischen die Viertimpfung von der STIKO auch empfohlen wird für besonders hochbetagte Menschen und besondere vulnerable Gruppen. Das heißt, die Viertimpfung mit den herkömmlichen Impfstoffen kann hier auch sehr gut helfen und einen weiteren Beitrag geben. Und es ist auch zu empfehlen, nicht auf die adaptierten Impfstoffe zu warten, sondern dass diese Gruppen sich tatsächlich auch viertimpfen lassen, damit ein guter Schutz gegen Omikron, vielleicht auch gegen weitere Varianten gewährleistet werden kann. Der nächste Schritt werden dann die adaptierten sein und man wird absehen, ob die Impfung mit diesen Impfstoffen schon empfohlen werden kann im zweiten Quartal oder eher gegen Herbst, wenn viele mit der nächsten Welle rechnen. #00:22:14.7#

Christian Bollert: Es könnte also sein, dass wir nicht nur eine vierte, sondern vielleicht sogar auch eine fünfte Impfung noch in diesem Jahr kriegen? #00:22:19.2#

Klaus Cichutek: Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass wir in bestimmten Zeitabständen generell nachimpfen müssen. Hier steht das Diktum noch aus, ob das nur Personen mit geschwächtem Immunsystem betreffen wird oder die Allgemein-Population. Wir kennen das von den Grippeimpfstoffen und wir wissen, dass die Hersteller inzwischen auch Kombinationsimpfstoffe entwickeln wollen, das heißt, eine Kombination von Grippeimpfstoff mit Omikron-Impfstoff. Wir wissen auch, das haben wir vonseiten des Paul-Ehrlich-Instituts auch früh gesagt, dass man durchaus gegen Grippe und gegen Omikron an verschiedenen Extremitäten am selben Tag geimpft werden kann, sodass also bei der Herbstwelle der Schutz gegen beide respiratorischen Viren ein wichtiges Thema sein wird. #00:23:05.2#

Christian Bollert: Das sagt Klaus Cichutek, der Leiter des Paul-Ehrlich-Instituts hier im Podcast-Radio detektor.fm. Ich sage vielen Dank für die Einordnung, Erklärungen und das Gespräch! #00:23:13.2#

Klaus Cichutek: Ich bedanke mich! #00:23:14.7#

Christian Bollert: Den Link zur aktuellen Liste der überprüften Antigentests, die er auch erwähnt hat, packen wir euch natürlich in die Shownotes dieser Episode. Und ich habe den Text aus der brand eins auch schon erwähnt „Wenn Marken unter die Haut gehen“, diese lesenswerte Analyse von Christian Weymayr könnt ihr im aktuellen Heft mit dem Schwerpunkt Marketing finden oder auf brandeins.de, falls ihr die brand eins nicht sowieso schon im Abo und damit auf dem digitalen und analogen Lesestapel habt. Und diesen Podcast hier, den findet ihr bei allen gängigen Streamingdiensten und Podcatchern. Ich persönlich empfehle für das Hören eigene Podcast-Apps, sogenannte Potcatcher. Die heißen dann beispielsweise Podcast Addict oder Overcast oder Pocket Casts. Vielleicht sollten wir, wenn ich das jetzt gerade hier so vortrage, einmal selber eine Studie zu den besten Podcatchern machen. Wenn euch gefällt, was ihr hier jeden Freitag von uns bekommt, dann unterstützt uns doch gern mit nur einem Klick, denn das ist die einfachste Art, unsere Arbeit zu unterstützen. Folgt dafür dem brand eins-Podcast einfach auf eurer Lieblings-Podcast-Plattform. Ich würde mich freuen, wenn wir uns hier am kommenden Freitag dann wieder hören oder eben wann auch immer ihr diesen Podcast hier hört. Schreibt mir doch vielleicht auch mal gern, wann ihr uns denn hört, an brandeins@detektor.fm und detektor mit „k“. Also bleibt gesund und bis nächste Woche! #00:24:28.4#

Der brand eins-Podcast — Wirtschaft anders denken. Jede Woche bei detektor.fm. Der brand eins-Podcast wird produziert vom Podcast-Radio detektor.fm. Redaktion und Produktion Stefan Ziegert und Tobias Hausdorf. In Zusammenarbeit mit Frank Dahlmann vom brand eins Magazin. Moderation Christian Bollert.

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